Gregorianischer Kalender. Kirchenordnung. 57
Oberhaupt der deutschen Protestanten dastand. Ein tiefes Miß-
trauen trennte vielmehr diese von ihm, und sein Verhalten bei
Rudolfs II. römischer Königswahl, wo die Mehrzahl der-
selben unter Führung von Kurpfalz die förmliche Anerkennung
der ihnen 1555 gegebenen Nebendeclaration zur Bedingung
zu machen verlangten, August aber, wahrscheinlich schon bei des
Kaisers Besuch in Dresden, April 1575, gewonnen, sich von
ihnen absonderte und dadurch ihre Forderung vereitelte, schien
dasselbe zu rechtfertigen. Die nächste Folge davon war, daß
das sogenannte Directorium des evangelischen Reichskörpers an
Kurpfalz überging, die schon seit 1566 danach gestrebt hatte ½),
die weitere und wichtigere die, daß der Kaiserhof daran die Stelle
erkannte, wo er in Zukunft seine Hebel einzusetzen babe. Zwei
Jahre nach der Concordienformel wurde, gegen Gebhard von
Köln, der geistliche Vorbehalt zum ersten Male praktisch durch-
gesetzt, und auch hier bemühte sich August, und nicht umsonst,
die Protestanten von der Parteinahme für den Vertriebenen
zurückzuhalten; wohl aber stellte er auf dem augsburger Reichs-
tage 1582 gegen Papst Gregors XIII. verbesserten Kalender
ein sehr ausführliches Bedenken, welches die übrigen protestan-
tischen Stände bewog, dessen Annahme bis zu weiterer Be-
rathung auszusetzen Dagegen führte der Kaiser diesen Kalen-
der mit des görlitzer Mathematikus Scultetus Hilfe in der
Lausitz ein, was bei der Differenz von 10 übersprungenen
Tagen an der sächsisch-lausitzer Grenze im täglichen Verkehr
arge Verwirrung machte ?).
Um unn die Ausübung der nunmehr vollständig auf den
Landesherrn übergegangenen bischöflichen Gewalt zu regeln, er-
ließ Angust 1. Ang. 1580 seine berühmte und weitläufige
Kirchenordnung, welche zugleich eine vollständige Agende enthielt.
Das meißner Consistorium wurde nach Dreöden verlegt und,
aus zwei weltlichen und zwei geistlichen Räthen unter einem
adeligen Präsidenten, deren erster Dietrich von Schleinitz mit
1) Weiße a. a. O. IV, 237.
2) Häöberlin, Reichsgeschichte XII. 640. Grosser, Lausitzer
Merkw. S. 211.