Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Polizei, Straf= und Armenanstaltcu. 67V9 
weiterte Anstalt zu Waldheim ausschließlich für Arme und 
Kranke bestimmt wurde. Um die Organisation dieser Anstalten, 
welche unter einer auch ständische Mitglieder zählenden Com- 
mission standen, erwarb sich namentlich der Vicepräsident 
des Oberconsistoriums, Freiherr (seit 1791 Graf) P. v. Hohen- 
thal, ein Mann von warmem Herzen für alles Gemeinnützige, 
viel Verdienste. Die große Theuerung von 1772, wo an 
66000 Menschen durch Senchen hinwesgerafft und selbst in 
der unmittelbaren Nähe von Dresden Verhungerte auf der 
Landstraße gefunden wurde, gab den Anstoß, daß in Sachsen 
früher als in anderen Staaten die Aufmerksamkeit sich der 
Armenpflege zuwendete. Die Hilfe, welche damals der Staat 
durch Verkehrserleichterungen, Herbeischaffung von Lebensmitteln, 
Verbot des Braunntweinbrennens u. a. zu gewähren suchte, 
kam größtentheils zu spät und würde noch unwirksamer ge- 
blieben sein, wenn sie nicht durch eine sich reichlich bethätigende 
Privatwohlthätigkeit, mit welcher der Kurfürst und seine Ge- 
mahlin vorangingen, ergänzt worden wäre. Wohlhabende 
unternahmen Bauten um den Armen Verdienst zu schaffen, 
die Freimaunrer fanden ein weites Feld für ihre menschen- 
freundliche Thätigkeit, in Marienberg gründete der Diakonns 
J. E. Wagner, ein zweiter A. H. Frankc, aus milden Bei- 
trägen ein Waisenhaus für die große Zahl elternlos gewor- 
dener Kinder 1). Von großer und bleibender Wichtigkeit für 
die gesamte Armengesetzgebung wurde der durch die Armen- 
ordnung von 1772 und deren Erläuterung von 1773 aufge- 
stellte Grundsatz, daß die Erhaltung der Armen den Gemeinden 
obliege. Neben Dresden, wo 1777 die Gesellschaft zur christ- 
lichen Liebe und Mitleid und 1802 durch Graf Bose der 
Verein zu Rath und That gestiftet wurden, zeichucte sich ganz 
besonders Leipzig seit 1803 durch die musterhafte und haupt- 
sächlich der Gesellschaft der Armenfreunde zu verdankende Or- 
ganisation seiner Privatarmenpflege aus 7); vorzugsweise stellten 
1) Hering, Hochland I. 510. 
2) In Leipzig gab cs 1803 009 Almosencupfänger, 1852 deren 939, 
dort 1: 33, hier 1: 70.
	        
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