Die Kammergüter. 75
Im Jahre 1572 wurden in der Baumschule zu Stolpen,
welche nebst der zu Ostra die eigentliche Mutter der bei den
meisten Vorwerken angepflanzten Obstgärten war, 5500 in-
ländische gepfropfte junge Bäume und 4000 aus Nürnberg be-
zogene eingesetzt; jedes abgelieferte Maß Kirschkerne, die er zur
Erzeugung wilder Kernstämme benutzte, vergütete der Kurfürst
mit dem gleichen Maß Roggen; 1577 wurden allein zu
Annaburg 26 Scheffel Haselnüsse, 15 Scheffel Kirschkerne und
14 Scheffel Apfelkerne gesteckt 1), woraus erklärlich wird, daß
er im letzten Jahre seiner Regierung seinen Unterthauen 60000
junge Obstbäume zum Verkauf anbieten konnte. Wie die Über-
lieferung berichtet, führte er auf seinen Reisen Obstkerne besserer
Sorten zur Vertheilung bei sich und befahl, daß jedes nene
Ehepaar im ersten Jahre zwei Obstbäume pflanzen solle. Er-
folgreicher als die Versuche mit Maulbecr-, Mandel= und
Kastauien-Anpflanzungen waren die auf den kurfürstlichen Wein-
bergen mit rheinischen Reben; außer den drei Hauptkellereien
zu Dresden, Leipzig und Torgau wurde noch eine Anzahl
Hauskellercien angelegt, aus denen die Stadträthe ihre Naths-
leller zu versorgen eingeladen wurden, und deren jeder ihre
Waldungen für das Faß= und Reifholz, ihr Eisenhammer zu
den Kufeureifen aungewiesen waren. Auch ging viel Wein außer
Landes, während, den inländischen Verbrauch zu vermehren,
die Einfuhr ausländischer Weine erschwert wurde. Die Bienen-
zucht wurde durch wendische Zeidler emporgebracht, das Weg-
fangen der Singvögel, besonders in der Brutzeit, verboten.
Unter den 360 kurfürstlichen Teichen und Hältern, die es 1568
gab und die für die Hofküche einen sehr wichtigen Beitrag
lieferten, war der ergiebigste der große Teich bei Torgan, der
auf jeden Ablaß 700 Fl. ertrug 7).
Ein Hauptmotiv bei den großen Güter= und Wälderan=
känfen, die Kurfürst August machte, lag in dem Wunsche, den
1) v. Weber, Anna, S. 135.
2) Falke a. a. O., S. 111 ff. — Der Centner Hechte galt 1576
8—10 Fl., Karpsen 4 Fl. — Die Teich- und Fischordnung Cod. Aug.
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