Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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Den Kern der Bürgerschaft bildete das Kollegium der Elterleute, 
die sich aus Vorstehern der Kaufmannschaft zu Vorstehern der 
Bürgerschaft entwickelt hatten und die bürgerlichen Privilegien und 
Gerechtigkeiten gegenüber dem Rat bis vor den höchsten Instanzen 
des alten deutschen Reiches vertraten.1) 
Von größter Bedeutung für die Staatsverwaltung wie für die 
Eintracht zwischen Rat und Bürgerschaft waren schon damals die 
Deputationen, in denen Ratsherren und Bürger zu gemeinsamer 
staatlicher Arbeit sich zusammenfanden. Meist gelegentlich einer 
Steuerbewilligung der Bürgerschaft entstanden, indem letztere dann 
auch eine Mitwirkung bei Erhebung und Verwendung der Steuern 
forderte, machte sich gerade hier der Mangel an festen Grundsätzen, 
an einer einheitlichen Verwaltung besonders fühlbar; dem dringendsten 
Bedürfnis wurde im Jahre 1814 durch Bildung einer Generalkasse 
und der Finanzdeputation als Mittelpunkt des Finanzwesens ab- 
geholfen. Über die Zusammensetzung der Deputationen, über ihre 
Stellung im Staate und ihre Befugnisse war wie über alles Andere 
das Dunkel des Herkommens gebreitet.2) 
Diese Entwicklung der Bremischen Stadtverfassung entsprach im 
Allgemeinen der in den übrigen deutschen Städten; vor Allem die 
rechtliche Auffassung und Behandlung der staatlichen Dinge war die 
ihrer Zeit gemäße. Aus der alten organischen Gemeindeverfassung, 
in der die Gemeinheit sich durch ihre Organe selbst regierte, war ein 
obrigkeitliches Korporationsregiment geworden.5) Der Rat war als 
vollmächtiger im Sinne der neuen Eintracht nicht mehr Organ, 
sondern Obrigkeit, in sich geschlossene Korporation. Allerdings 
gelangte er nicht wie in anderen Städten zu alleiniger Herrschaft. 
Aber auch der Bürgerkonvent und sein Kollegium der Elterleute 
waren nur privilegierte Korporationen im Staate, die sich nach außen 
abschlossen und ihre eigenen wohlerworbenen Rechte und Privilegien 
gegen den Rat vertraten. Engherzige privatrechtliche Gesichtspunkte 
beherrschten das Gebiet des öffentlichen Rechts. Bei den Verfassungs- 
verhandlungen zu Anfang des Jahrhunderts zeigte es sich, wie schwer 
  
1) v. Bippen, a. a. O. B. III Kap. V S. 159 f.; Dünzelmann, die 
Brem. Kaufmannsgilde und ihre Elterleute. Brem. Jahrb. Bd. XVII S. 77 f. 
2) ef. Verf. Verh. 1818 S. 191 f. Klage des Rates über die „Partikular= 
Regierungen“ und den Stationsgeist der vielen besonderen Deputationen. 
3) Gierke, das deutsche Genossenschaftsrecht. Bd. 1 § 56 S. 697 f.
	        
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