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Preußen sind vor dem Gesetz gleich. Standesvorrechte finden nicht
statt,“ sollte eine rechtliche Benachteiligung oder Bevorzugung ver—
hüten; seine Bedeutung liegt in der Vergangenheit. Natürlich sagt
er nicht, daß alle Staatsangehörigen gleiche Rechte z. B. gleiches
Wahlrecht und gleiche Pflichten z. B. zu bestimmter Steuerzahlung
haben sollen; das Gesetz kann Voraussetzungen für Rechte und
Pflichten normieren, nur soll es, wo die Bedingungen erfüllt sind,
auf jeden ohne Ansehen der Person Anwendung finden; „vor dem
Gesetz“ sind alle gleich.)
Eigentümlichkeit der Bremischen Verfassung ist der Zusatz: „Der
Staat erkennt bei seinen Angehörigen keinen Adel an,“ wozu weiter
bestimmt wird, daß Titel, Amter, Würden und Auszeichnungen, die
einem Bremer von Seiten „eines anderen Staates“?) oder seiner
Behörde erteilt sind, nur anerkannt werden, wenn die Annahme aus-
drücklich vom Senat genehmigt ist, und daß sie auch dann keinerlei
Befreiungen, Vorzüge oder Ansprüche vor andern Staatsangehörigen
begründen.
Die Bestimmung geht zurück auf einen Rat= und Bürgerschluß
vom 29. August 1806 (S. 366). Ihre Bedeutung erschöpft sich,
da mit dem Adel oder jenen Auszeichnungen verknüpfte Vorrechte
nicht mehr in Frage kommen, in der Nichtanerkennung des Adels
und der Titel usw., deren Annahme vom Senat nicht genehmigt ist,
durch den Staat, d. h. im amtlichen Sprachgebrauch werden Adel
und Titel fortgelassen,)) wobei zu untersuchen ist, ob das scheinbare
Adelsprädikat wirklich ein solches ist oder Bestandteil des Namens.
Dagegen ist kein Bürger dadurch gehindert, sich im Privatverkehr oder
1) O. Mayer, Verwaltungsrecht Bd. I § 7 S. 91 Anm. 17.
2) Nach den Protokollen der Verfassungsdeputation von 1848 Bd. J
S. 228 wurde diese Fassung gewählt, „um die von der deutschen Reichsgewalt
etwa erteilten Titel, Amter, Würden und Auszeichnungen nicht unter die auf-
gestellte Beschränkung zu begreifen, da das Deutsche Reich kein anderer
Staat sei.“"“ Nutzanwendung für das heutige Deutsche Reich?
„) Die Bestimmung von 1806 bezeichnete gerade dies in ihrem Abs. Z:
„Dann sollen auch in allen von Staats wegen veranstalteten Druck= und
anderen Schriften den hiesigen Bürgern oder Angehörigen nie einige Prädikate,
die sich auf Adel, fremde Titel, Würden, Amter und Bedienungen beziehen,
gegeben werden; sofern nicht von einer lediglich ein solches fremdes Amt oder
Bedienung betreffenden Angelegenheit die Rede ist.“