Full text: Bremisches Staats- und Verwaltungsrecht.

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auch vor Behörden des ihm im Ubrigen zukommenden Adels, Titels 
usw. zu bedienen; ein Verbot der Annahme oder Führung des Adels 
u#sw. enthält die Bestimmung nicht.,) 
10. Die Unverletzlichkeit des Eigentums und 
sonstiger Privatrechte (Verf. § 19). Die Bestimmung, daß 
„Eigentum und sonstige Privatrechte“ unverletzlich seien und ihre 
Abtretung, Aufgabe oder Beschränkung zum allgemeinen Besten nur 
gegen gerechte Entschädigung verlangt werden können, entspricht einem 
allgemeinen Grundsatz des Rechtsstaates.) Soweit Grundeigentum 
in Frage kommt, findet er seine nähere Ausgestaltung durch das 
Enteignungsgesetz (jetzt vom 18. Juli 1899 S. 354). 
Voraussetzung ist, daß ein — wohlerworbenes — Privatrechts) 
durch einen Eingriff der Staatsgewalt betroffen wird; der Fall ist 
nicht gegeben, wenn ein gesetzliches oder polizeiliches Verbot, das 
jeden trifft, bestehende Verhältnisse ändert, aus denen der einzelne 
Vorteil gezogen hat.“) 
Die Verletzung des Privatrechts kann durch Maßregeln der 
Verwaltungsbehörden oder durch gesetzgeberischen Eingriff erfolgt sein. 
Nimmt das Gesetz solchen Eingriff vor, ohne wegen der Entschädigung 
Bestimmung zu treffen, so kann „gerechte Entschädigung“ gemäß der 
Verfassungsbestimmung nötigenfalls im Rechtswege gefordert werden. 
Bestimmt das Gesetz aber im Gegenteil, daß kein Entschädigungs- 
anspruch statthaben solle, oder begrenzt es die Entschädigung nach 
Maß und Höhe, so ist dies maßgebend und der Richter kann die 
Bestimmung des Gesetzes nicht als verfassungswidrig für ungültig 
ansehen. Der § 19 der Verfassung enthält nur eine Direktive für 
den Gesetzgeber, nicht eine Norm für den Richter.5) 
1) Bei der letzten Redaktion der Verfassung wurde ein Antrag des Senats 
auf Streichung des § 17 Abs. 2 der Verfassung abgelehnt. Verh. 1892 
S. 271; 1893 S. 311. 
2) Z. B. Entscheidung des Reichsgerichts Bd. XVI S. 161. Bd. XII. 
S. 142, S. 191 und sonst. 
3) Das Privatrecht braucht kein dingliches zu sein, auch Forderungsrecht 
genügt. Entscheidung des Reichsgerichts Bd. XLI S. 142. 
4) Entscheidung des Hans. O. L. G. in Hanseat. G. Ztg. 1897 S. 92: 
Schadensersatzansprüche wegen Einführung des Schlachthofzwanges verneint. 
Entsch, des Reichsgerichts R. G. Bd. XXVI S. 338, Bd. XIX S. 353. 
5) So jetzt Entsch, des Reichsgerichts R. G. Bd. IX Nr. 62 S. 235 in 
Bremer Sache. Früher anders das Lübecker Oberappelationsgericht Seuff 
Archiv Bd. 32 N. 101. Näheres unten § 68.
	        
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