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Senats auf einigen Gebieten; ihr gemeinschaftlicher Wille ist überall
höchster Staatswille; sie üben gemeinschaftlich die höchste Staats-
gewalt aus (oben § 4)
Die Bürgerschaft ist Volksvertretung — die Verfassung bezeichnet
ihre Mitglieder als „Vertreter der Staatsbürger“ — im politischen
Sinne, insofern sie den Willen des Volkes, der Bürger, gegenüber
der Regierung zum Ausdruck bringen soll; rechtlich ist sie nicht
Volksvertretung gegenüber dem Senat; das Volk kann den „Vertretern“
keine Aufträge geben; rechtlich ist sie Organ des Staats zu gemein-
schaftlichem Wirken mit dem Senat.
Die Bürgerschaft ist gesetzgebender Körper, Parlament,
sie ist aber auch weiter Verwaltungsorgan. Hierdurch unter-
scheidet sie sich vom Reichstag, von den Landtagen der deutschen
Monarchien. Es entspricht diesem Unterschied, daß die Bürgerschaft
ein permanentes Organ ist, während jene nur periodisch tätig
sind. Der Reichstag, der preußische Landtag bedürfen zu Beginn
einer Legislaturperiode der Einberufung, um tätig zu werden. Am
Schlusse der Sitzungsperiode schließt die Regierung sie; damit werden
ihre Arbeiten — auch in den Kommissionen — abgeschlossen; nachher
müssen sie neu begonnen werden; bei einer Auflösung verschwinden
sie ganz. Die Bürgerschaft ist immer vorhanden und tätig, ebenso
wie der Senat; es gibt keine Schließung, keine Legislatur= und
Sitzungsperioden. Allerdings wechselt bei den regelmäßigen Ergänzungs-
wahlen alle 3 Jahre der Mitgliederbestand, aber auf die Geschäfte
ist auch dieser Abschnitt der Wahlperiode ohne Einfluß. Das
Bürgeramt beraumt nach den Neuwahlen einfach eine neue Ver-
sammlung an; auch die Konstituierung durch Wahl des Präsidiums
richtet sich nicht nach Wahlperioden, sondern nach dem Kalenderjahr.
Die Bürgerschaft muß solch ein permanentes Organ sein; die Ver-
waltung kann nicht unterbrochen werden und aussetzen wie die Gesetz-
gebung.))
Gleich den Landtagen ist die Bürgerschaft nicht allein handelndes,
tätiges, sondern beschließendes, unselbständiges Staatsorgan. Ihr
1) In Hamburg gibt es zwar keine Schließung und Sitzungsperioden der
Bürgerschaft, wohl aber hören ihre Funktionen jedesmal bei der teilweisen
Erneuerung auf; der Senat beruft sie nach den Neuwahlen wieder zusammen
(Verf. Art. 41). Dort ist die verwaltende Tätigkeit der Deputationen aber auch
nicht Tätigkeit der Bürgerschaft. «