Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

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die Gemeindeverfassungen ihre Uebertragung auf den Stadtrat vor (StV. 8 86). 
Solche Uebertragung ist bisher nur zum Teil erfolgt. In Bremerhaven ist 
u. a. städtisch: die Paß- und Meldepolizei, Feuer- und Baupolizei, ein Teil der Ge- 
werbepolizei, sowie das Nachtwachenwesen (V. v. 25. März 1892, S. 51 mit Aenderung 
v. 16. Juni 1904 S. 169). Dagegen ist vor allem die Straßenpolizei am Tage, die 
Kriminal-, Sitten- und politische Polizei Sache des Amtes. In Vegesack ist 
städtisch (V. v. 18. Mai 1909, S. 117 mit Nachtrag v. 15. Jan. 1913, S. 59): die Paß- 
und Meldepolizei, die Feuer= und Baupolizei; das Nachtwachenwesen. Diese über- 
tragenen Geschäfte führt der Stadtrat nicht als Gemeindesache, sondern in Unter- 
ordnung unter die Staatsbehörden nach besonderen Vorschriften (St V. § 87 ff.). 
4. Die Staatsaufsicht über die Stadtgemeinden ist ent- 
sprechend dem Recht der Gemeinden auf Selbstverwaltung eine gemessene und be- 
schränkt sich auf die gesetzlich bestimmten Aufsichtsbefugnisse. Ein Schutz, wie ihn 
in größeren Staaten die Gemeinde in diesem Recht durch die Verwaltungsgerichts- 
barkeit besitzt, fehlt freilich in den Hansestädten. Die Aufsicht wird ausgeübt vom 
Senat ohne Mitwirkung der Bürgerschaft, speziell von dem „Senatskommissar für 
die Hafenstädte" 1). Sie äußert sich in einem allgemeinen Kontrollrecht (St V. F 92), 
sowie in einzelnen Befugnissen: Bestätigung wichtiger Gemeindebeschlüsse, so betr. 
Ortsstatuten, Anleihen u. a. (St V. S 4, 62 Z. 2 und 4), von Wahlen, so der des Stadt- 
direktors, der Lehrer (St V. § 48, 44); Beschwerden gegen Verfügungen der Ge- 
meindeorgane sind in bestimmten Fällen zugelassen (St V. §5 15 Abs. 2, §& 16 Abf. 3, 
25 Abs. 2, 67 Abs. 3); über die sog. „Zwangsetatisierung“ bei pflichtwidriger Nicht- 
erfüllung von Aufgaben: St V. § 93, 89. 
§s# 42. Die Landgemeinden in Bremen und Lübeck. (Einwohnerzahl des Brem. 
Landgebietes Dez. 1910: 23 659; des Lüb. nach der Eingemeindung April 1913: 
7 724.) I. Die Anfänge einer Organisation der Landgemeinden 
bildeten sich in den Bauernschaften doder Dorfschaften, die, in erster Linie 
allerdings privatwirtschaftliche Interessentenschaften, auch politische Bedeutung 
hatten und insofern als Rechtsvorgänger der heutigen Landgemeinden anzusehen 
sind :). Nach Ausbildung der Staatsverfassungen erhielten die Landgemeinden 
unter Loslösung von jenen Interessentenverbänden eine selbständige Verfassung. 
In Bremern bilieb die erste Landgemeindeordnung vom 1. März 1850 ohne 
Bedeutung, da ihre Einführung nur auf Antrag einer Gemeinde erfolgen sollte und 
nur zwei Gemeinden diesen Antrag stellten. Erst die Landgemeindeordnung vom 
28. Dezember 1870 führte für alle Gemeinden eine Verfassung ein. Sielegte das System 
der hannoverschen LGO. von 1859 zugrunde und schloß sich bei Bildung der Ge- 
meinden an die bestehenden Feldmarkgenossenschaften an 2). Die Mängel dieses 
  
  
1) Brem. Verf. §5 570; St V. § 92, 94. In Schulsachen übt die Senatskommission für das 
Unterrichtswesen, in Kirchensachen die Senatskommission für die kirchlichen Angelegenheiten, 
in Medizinalsachen die Medizinalkommission des Senates die Aufsicht. 
2) So für Bremen mit ausführlicher Begründung: H .# 1895, n. 107; über ihre Orga- 
nisation Brem. V., die Bauernversammlung auf der Bauerstelle betr. v. 22. Juni 1822. — Für 
Lübeck: Bericht des Landamtes in Verh. 1867 D. N. 18, auch Bericht der Verf.-Rev.-K. 1844, 
S. 140. — Für Hamburg: Nöldeke, Hamb. Landesprivatrecht, S. 126. 
3) Die Landgemeindeordnung v. 1870 wurde am 27. Dez. 1878 neu publiziert aus Anlaß 
der durch die Kreisorganisation des Landgebietes erforderlich gewordenen Aenderungen. 
Bollmann, Bremen und Lübeck.
	        
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