Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

g 42 Die Landgemeinden in Bremen und Lübeck. 117 
  
ordnung unter die staatliche Behörde, jetzt in der Regel die Polizeidirektion 1). Die 
Landgemeindeordnung überträgt dem Gemeindevorsteher u. a. die Wege-), Wasser-, 
Flurpolizei und einen Teil der Ortspolizei in Gewerbesachen, das Meldewesen, ge- 
sundheits- und feuerpolizeiliche Aufsichtsbefugnisse (uvgl. die Aufzählung in LGO. 8 84). 
Bei Gefahr im Verzuge kann er auch in andern Sachen einschreiten (LGO. 85). 
In den ihm überwiesenen polizeilichen Angelegenheiten kann der Gemeindevor- 
steher; 1. mit Zustimmung des Gemeindeausschusses Polizeiverordnungen 
erlassen mit Androhung von Geldstrafe bis 20 Mk.; die Verordnung ist spätestens 
3 Tage vor der Verkündung der Polizeidirektion vorzulegen und kann von ihr außer 
Kraft gesetzt werden (Näheres LGO. J 87). 2. Strafverfügungen und 
Strafbefehle erlassen (LGO. 88 in der Fassung des G. v. 5. März 1907, 
S. 29). Näheres unten § 53 II. 2; § 54 II. Gegen die Verfügungen des Gemeinde- 
vorstehers in Polizeisachen kann binnen 14 Tagen Beschwerde bei der Polizeidirektion 
erhoben werden (LGO. 9 92)5); weitere Beschwerde an den Senat gemäß L0O. 
8 14. 
b) Die lübeckische Landgemeindeordnung erklärt die Gemeinden zu allen 
Leistungen für verpflichtet, die das Gemeindebedürfnis erfordert (Art. 5 in der Fassung 
v. 19. Juli 1899). Ihre Aufgaben sind begrenzter; es gehören dazu: das Armen- 
wesen :), das Feuerlöschwesen 5), die eigene Finanzverwaltung. Für das Schul- 
und Wegewesen sind größere Schul= und Wegegemeinden gebildet (unten §& 65, 70). 
Ueber die Auferlegung von Gemeindeabgaben und Gemeindediensten im Rahmen 
der gesetzlich festgelegten Grundsätze (LGO. Art. 34) beschließt die Gemeindever- 
sammlung; ihre Beschlüsse bedürfen der Bestätigung der Aufsichtsbehörde. Von 
polizeilichen Aufgaben verwaltet der Gemeindevorstand die Gemeinde= und Flur- 
polizei, sowie die Feuerpolizei (Lüb. LGO. Art. 20 Z. 7 und 8). Auf diesen Ge- 
bieten kann die Gemeindeversammlung Polizeiverordnungen mit Androhung von 
Geldstrafe bis 30 Mk. erlassen, die der Bestätigung der Aufsichtsbehörde bedürfen 
(LG#O. Art. 26 Z. 4) 6). Zum Erlaß von Strafverfügungen und Strafbefehlen besitzt 
der Gemeindevorstand eine allgemeine Befugnis nicht?7). 
4. 3) Die Staatsaufsicht über die Landgemeinden, die ebenfalls ihre 
Schranke in dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden findet (anerkannt Brem. 
1) LG. 8 92, Abs. 2. Durch Ges. betr. die Umgestaltung des Landherrnamtes v. 21. Mai 
1913 (S. 134) ist die bisher dem Landherrn zustehende Polizeiverwaltung im Landgebiet auf die 
Polizeidirektion übertragen (unten § 43 1). 
83 Ueber die Wegepolizei besondere Bestimmungen in der Wegeordnung v. 28. Okt. 1909, 
5 f. 
3) Beschwerden gegen Verfügungen in Sachen der Wege= und Wasserordnung gehen an den 
Landherrn (Ges. v. 21. Mai 1913, § 2). — Bei einer Strafverfügung des Gemeindevorstehers 
nach Str O. F 453 ist die Beschwerde alternativ mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung 
gegeben, aber keine weitere Beschwerde an den Senat nach §* 94, S. 2 des Ges. v. 1879. 
4) Die Lüb. Landgemeinden sind ebenfalls Ortsarmenverbände: Lüb. A. G. zum Unterstützungs- 
wohnsitzgesetz v. 9. Dez. 1911, §& 1 in der Fassung des Ges. v. 13. Nov. 1912, 5 12 (S. 518). 
5) V. das Feuerlöschwesen in den Landbezirken betr. v. 28. Jan. 1903 (S. 21); es steht unter 
Leitung und Aufsicht des Polizeiamtes. 
6) Ueber den Begriff der Gemeindepolizei bei Polizeiverordnungen: Entsch. des preuß. 
OVG. Bd. 45, S. 116. 
7) Eine Strafbefugnis steht dem Gemeindevorstand zu nach der V. betr. das Einwohner- 
meldewesen v. 14. März 1906 (S. 6) und Nachtrag dazu v. 26. Juni 1907 (S. 48). Der Art. 7 
der LG. ist durch Nachtrag vom gleichen Tage aufgehoben. Vgl. auch unten §& 53 II 2, 54 II.
	        
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