8 45 Die Vertretungen des Handelsstandes. 123
und Schiffahrtssachen ist sie vorab gutachtlich zu hören (§ 29). Im Einverständnis
mit ihr und nach Anhörung des Kaufmannskonvents kann der Senat, sofern die
Staatskasse nicht dabei beteiligt ist, Regulative für den Handels= und Schiffahrts-
betrieb und die dazu gehörigen Hilfsgeschäfte, insbesondere Taxen für letztere (z. B.
für Makler) erlassen (G. 927—30) 1). Eine verwaltende Tätigkeit übt sie als Börsen-
aussichtsbehörde aus (Brem. Börsenordnung v. 12. Juni 1910, S. 137). Zur Erleich-
terung der Kommunikation mit dem Senat und zu gemeinsamer Beratung besteht
eine aus Mitgliedern des Senats und der Handelskammer zusammengesetzte „Be-
hörde für Handels= und Schiffahrtsangelegenheiten“; auch wählt die Handelskammer
aus ihrer Mitte Deputierte in eine Reihe anderer Verwaltungsbehörden (G. § 34 f.;
unten § 64). Dem Senat schlägt sie Personen für Ernennung der Handelsrichter
vor (G. § 33, oben § 30 II) und wirkt mit bei Ernennung bestimmter Beamten und
amtlich bestellter Handelshilfspersonen. (Näheres G. § 41) 2).
Bei Gegenständen, die Handel und Gewerbe zugleich berühren, kann die Handels-
kammer gemeinsame Plenar-oder Ausschußsitzungen mit der Gewerbekammer halten;
doch bedarf es dazu eines dahingehenden Beschlusses beider Kammern (G. 48;
G. betr. die Gewerbekammer 8 32). «
Der Handelskammer sind — zurzeit 3 — Syndiker beigeordnet, die sie selbst
wählt (G. § 52 ). Für die Kosten ihrer Versammlungen und für Handelszwecke
wird ihr ein Fonds jährlich zur Verfügung gestellt (G. § 50).
II. Da in Bremen wie in Hamburg die Handelskammer nur den Großhandel
vertritt, ist in beiden Staaten neuerdings eine besondere Vertretung des Klein-
handels geschaffen. Die Kammer für Kleinhandel in Bremen ist 1906
nach dem Vorbild der Hamburger Detaillistenkammer errichtet 1). (Jetzt G. betr. die
K. für Kleinhandel v. 26. März 1912, S. 41.) Sie besteht aus 18 Mitgliedern. Wähler
und wählbar sind Kleinhandeltreibende, die einem der im Anhang des Gesetzes ver-
zeichneten Geschäftszweige angehören und seit mindestens einem Jahre ihr Geschäft
im Staate betreiben, sowie Gast= und Schankwirte unter der gleichen Voraussetzung;
männliche Berufsangehörige müssen ferner das Wahlrecht zur Bürgerschaft besitzen,
insbesondere also auch das bremische Bürgerrecht. Aktiv wahlberechtigt sind auch
über 25 Jahre alte, weibliche Berufsangehörige, die seit 3 Jahren bremische Staats-
angehörige sind, die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen und bei denen keiner der von
der Wahl zur Bürgerschaft ausschließenden Gründe vorliegt (G. § 2). Die Wahl er-
folgt in 18 vorwiegend nach dem Beruf gebildeten Gruppen (Näheres G. § 4—8).
1) Ueber die ähnliche „Autonomie“ der Handelskammer in Hamburg: Nöldeke, Hamb.
Landesprivatrecht, S. 54.
2) Sie wählt die beeidigten Börsenmakler; vor Ernennung der beeidigten Buchhalter ist. sie
gutachtlich zu hören (Ges. § 41, Abs. 3, 4). Ueber die Rechtsktellung der ersteren ferner: V. v. 3. Jan.
1904 (S. 3); über die der beeidigten Bücherrevisoren: V. v. 28. Dez. 1909 (S. 375).
3) Ges. § 52 in der Fassung v. 12. Nov. 1908 (S. 213). Sie sind nicht Beamte im Sinne des
Beamtengesetzes (oben S. 89, Anm. 1); doch haben sie Anspruch auf Pension und Hinterbliebenen-
fürsorge (V. v. 3. Juli 1855; Ges. v. 17. Nov. 1908 (S. 215) und für andere Angestellte der Handels-
kammer Ges. v. 27. April 1913 (S. 128).
4) Errichtet durch Ges. v. 5. April 1906 (dazu Bericht in Verh. 1906, S. 181 f.). Eine po-
litische Bedeutung gleich den andern Berufsvertretungen in Bremen als Wahlkörper für die Bürger-
schaftswahlen hat sie nicht. Auch sonst ist ihre Stellung eine beschränktere. Für Hamburg: Ges.
betr. die Detaillistenkammer v. 29 Febr. 1904.