Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

l52 Grundsätze und Garantien der Verwaltung im Rechtsstaate. 137 
  
sie aufrecht erhält durch Feststellung des streitigen Rechtes im Einzelfalle, sind die 
Zwecke der Verwaltung mannigfaltig, wie die des Staates überhaupt. Verwaltung 
ist alles staatliche Handeln innerhalb seiner Rechtsordnung. 
Oberster Grundsatz des Rechtsstaates ist, daß die Ver- 
waltung an die Schranken des Gesetzes gebunden ist). 
Die Verwaltungsbehörden können das Gesetz nicht aufheben oder abändern, sie 
dürfen nicht dagegen verstoßen („Vorrang des Gesetzes“). Außerdem erkennt der 
Rechtsstaat eine Freiheitssphäre des Einzelnen an, in die nur das Gesetz eingreifen 
darf: Eingriffe in Freiheit und Eigentum der Person sind 
dem Gesetz vorbehalten („Vorbehalt des Gesetzes“). Jeder solcher Ein- 
griff muß seine Grundlage in einem Gesetz haben. In der Regel ordnet das Gesetz. 
selbst diesen Eingriff an, z. B. durch Auferlegung einer Steuer, und die Verwaltung 
nimmt nur seine Vollziehung vor. Ausnahmsweise und in bestimmten Grenzen aber 
ermächtigt das Gesetz auch die Verwaltungsbehörden, selbst den Eingriff zu ver- 
fügen, sei es allgemein durch Erlaß einer Verordnung (oben §# 50) oder für den Einzel- 
fall durch Verwaltungsbefehl (unten § 54). 
Auch die Hansestädte sind im 19. Jahrhundert zu Rechtsstaaten geworden; auch 
in ihnen steht die Verwaltung unter der Herrschaft des Gesetzes. Wenn die Ver- 
fassungen und Gesetze jene Grundsätze des Rechtsstaates nicht ausdrücklich aussprechen, 
so erkennen sie sie doch dadurch an, daß sie die Gesetzgebung als höchsten Ausdruck des 
Staatswillens Senat und Bürgerschaft gemeinsam übertragen und die Fälle, in 
welchen den Verwaltungsbehörden Eingriffe überlassen sind, als Ausnahmen fest- 
legen. Auch die Aufstellung der Grundrechte in der Brem. Verf. hat in der Haupt- 
sache die Bedeutung, Eingriffe der Verwaltung in diese Gebiete zu verbieten und 
sie dem Gesetz vorzubehalten (oben § 11). 
Aber der vorgeschrittene Rechtsstaat begnügt sich nicht mit der Anerkennung 
dieser Unterordnung der Verwaltung unter das Gesetz und der politischen Garantie, 
die durch die Mitwirkung der Volksvertretung bei Erlaß von Gesetzen gegeben ist. 
Er verlangt weitere Garantien für Einhaltung der gesetzlichen 
Schranken durch die Verwaltungsbehörden. Eine solche Garantie liegt in der 
Art der Organisation der Behörden unter Zuziehung von Bürgern im Ehrenamt 
mit kollegialer Besetzung. Diese Art der Verwaltungsgarantie ist in den Hansestädten 
durch die Mitwirkung bürgerlicher Deputierter in den meisten Verwaltungsbehörden 
in hohem Maße ausgebildet (oben § 27). Allerdings versagt sie gerade auf dem hier 
wichtigsten Gebiet der Polizeiverwaltung. Auch können diese allgemeinen Garan- 
tien dem Schutzbedürfnis des Einzelnen nicht genügen, das vielmehr Rechtsmittel 
erfordert, mit denen er sich selbst unmittelbar gegen Uebergriffe der Behörden wehren. 
kann und die eine unparteiische Nachprüfung auch gegenüber herrschenden poli- 
tischen Strömungen gewährleisten. 
Als solcher Rechtsbehelf des Einzelnen dient zunächst die Verwaltungs- 
beschwerde. Nach der Brem. Verf. & 14 hat jeder „das Recht, sich mit Bitten 
und Beschwerden schriftlich an die zuständigen Behörden zu wenden“. Der Bescheid 
1) Ueber die Schranken der Verwaltung im Rechtsstaat: O. Mayer, Verw.-R. I, S.74ffj 
Fleiner, Institutionen, 8 8.
	        
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