Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

146 Die Verwaltung. *54 
  
tung in erster Linie die einseitigen Verwaltungsakte, die Verfügungen. Im 
Gegensatz zum Gesetz und zur Verordnung stellt die Verfügung nicht allgemeine 
Rechtssätze auf, sondern regelt den Einzelfall; sie schafft nicht Rechtssätze, sondern 
ein Rechtsverhältnis 1). Die Verfügungen können sein dienstliche der vorgesetzten. 
Behörde an die untergeordnete Stelle, die ihre Wirkung dann innerhalb der Ver- 
waltung erschöpfen 2). Sie können aber auch obrigkeitliche Akte sein, mit denen die 
Behörde sich an den Untertan wendet. Zu diesen gehören vor allem die ein Ge- 
bot oder Verbot enthaltenden Verwaltungsbefehle. Wie alle staatlichen 
Eingriffe in die Rechtssphäre der Untertanen bedürfen sie im Rechtsstaat der gesetz- 
lichen Grundlage #); diese kann in verschiedener Weise gegeben sein: Ein Gesetz oder 
eine Verordnung kann die Norm, das Gebot oder Verbot, selbst aufgestellt haben. 
Dann dient der Verwaltungsbefehl nur der Vollziehung im Einzelfalle. Das Gesetz 
kann aber auch die Behörde ermächtigen, die Norm selbst für den Einzelfall aufzu- 
stellen und ihre Befolgung zu befehlen 0. 
Das Gesetz gibt der Behörde ferner Zwangsmittel an die Hand, um die 
Durchführung ihrer Befehle zu erzwingen und die Erfüllung ihrer Aufgaben zu sichern. 
Diesem Zweck kann auch die Androhung und Verhängung der Strafen nach den 
Strafgesetzen in deren Geltungsbereich dienen. Die Behörden haben aber auch 
eigene Zwangsmittel, deren Zweck unmittelbar und allein auf Erfüllung ihrer Ver- 
fügungen gerichtet ist, es sind dies: die Zwangs-(ungehorsams--) Strafe, 
mit der ein indirekter Zwang auf den Willen des Betroffenen ausgeübt wird, die 
Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen, soweit eine solche möglich ist 
(unten II); und die unmittelbare Gewaltanwendung gegen Ver- 
mögen und Person des Betroffenen (unten III und IV). Alle diese Mittel dienen 
dem Erfüllungszwange; sie sind Mittel der Zwangsvollstreckung 
und finden als solche eine Analogie viel mehr in der Zwangsvollstreckung des Zivil- 
prozesses als in den Straffolgen des Strafrechts 5). 
II. In Bremen und Lübeck sind die Verwaltungsbehörden durch Gesetz ermäch- 
tigt, soweit ihre amtliche Wirksamkeit im öffentlichen 
Interesse es erfordert", Einzelne durch schriftliche Befehle unter An- 
drohung einer Geldstrafe zu Handlungen oder Unterlassungen anzuhalten 6). Das 
1) Fleiner, Institutionen, §J 12; O. Mayer, Verw.-R., Bd. J, S. 271 f.; Laband, 
St R.s, Bd. II, § 65. 
2) Durch dienstlichen Strafbefehl kann nach § 133 des Brem. B. die vorgesetzte Behörde- 
im Falle der Säumigkeit eines Beamten ihn zur Pflichterfüllung anhalten. 
3) So Laband, StR., Bd. II, S. 193 f.; O. Mayer, Verw.-R., Bd. I, S. 78. Anderer 
Ansicht Meyer-Anschütz, StR.", S. 649 f., nach dem in der allgemeinen Stellung der 
Polizei ein ausreichender Rechtsgrund für den Erlaß aller polizeilichen Gebote und Verbote liegt. 
4) O. Mayer, Verw.-R. I1, S. 274 bezeichnet das als „Abdankung des Rechtssatzes zu- 
gunsten der Willkür des Einzelaktes“, die dem Rechtsstaat eigentlich nicht entspricht, aber prak- 
tisch unentbehrlich scheint. Gerade hier ist die Kontrolle der Verwaltung durch eine Verwaltungs- 
rechtspflege loben § 52) von besonderer Bedeutung. 
5) Die Gleichstellung des Verwaltungszwanges mit der Zwangsvollstreckung nach der 8P. 
betonen O. Mayer, Verw.-R. I, S. 327; Stein, Grenzen, S. 46 f. 
6) Brem. A. z. den Prozeßgesetzen v. 25. Juni 1879, § 96 (S. 213); unter den Verwaltungs- 
behörden sind hier auch die Gemeindebehörden begriffen. Die Bestimmungen wurden aus den. 
88 23f. der Brem. Strafprozeß-O. v. 1863 in das AG. übernommen (Verh. 1879, S. 224). — 
Aehnlich Lüb. Ges. die Strafbefugnisse der Polizei= und Verwaltungsbehörden des Staates 
und der Stadt L. betr. v. 16. Juni 1879, 57 (I, S. 324), das sich aber auf die Gemeindebehörden.
	        
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