Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 54 Zwangsmittel der Verwaltung. 147 
  
durch den Befehl ausgesprochene Gebot oder Verbot kann in einem Gesetz enthalten 
sein, z. B. Befehl zur Beseitigung eines verbotswidrigen Bauwerks; der Befehl kann 
aber auch die Norm selbst aufstellen, z. B. ein Polizeibefehl auf Trennung in wilder 
Ehe lebender Personen. Vorausgesetzt ist nur, daß die amtliche Wirksamkeit der 
Behörde — wobei vor allem die amtliche Wirksamkeit der Polizei, Störungen und 
Gefährdungen der öffentlichen Ordnung zu verhindern, in Betracht kommt — im 
öffentlichen Interesse die Anordnung erfordert 1). Außerdem findet der Befehl eine 
Schranke darin, daß er nicht gegen ein Gesetz, eine Verordnung oder die Anordnung 
einer höheren Behörde verstoßen darf. 
Als Mittel zur Erzwingung des Gehorsams gegen den Be- 
fehl dienen (Brem. AG. v. 25. Juni 1879 § 96; Lüb. AG. v. 16. Juni 1879 9 7): 
a) Die Androhung von Geldstrafen, die in dem schriftlichen Befehl geschehen 
muß, und im Falle des Zuwiderhandelns Festsetzung derselben. Ein Höchstbetrag 
der Geldstrafe ist in Bremen im Gesetz allgemein 2) nicht fixiert; in Lübeck beträgt 
er 150 Mk. Die Umwandlung einer nicht beizutreibenden Geldstrafe in Haft — in 
Bremen Höchstbetrag 14 Tage — können nur die Polizeibehörden vornehmen, die 
von den anderen Behörden gegebenenfalls darum zu ersuchen sind 2). Die Strafe 
ist Exekutivstrafe, Zwangsmittel: die Vorschriften des Reichsstraf- 
gesetzbuches, z. B. Einführungsgesetz § 5, 6 über das Maß der landesgesetzlich an- 
zudrohenden Strafen sind daher nicht anwendbar; auch kann die Strafe, solange der 
Ungehorsam dauert, stets von neuem angedroht und verhängt werden y. 
Ein besonderer Fall der Anwendung der Ungehorsamsstrafe als Zwangsmittel 
liegt in der Befugnis der Behörden, Ladungen unter Androhung von Geld- 
strafen zwecks Auskunftserteilung zu verfügen; in Lübeck ist diese Befugnis ihnen 
allgemein zugesprochen (G. v. 16. Juni 1879 § 9); in Bremen wird sie auch mangels 
ausdrücklicher Bestimmung (vgl. aber z. B. AG. v. 25. Juni 1879 5 103 Abs. 2) aus der 
allgemeinen Zwangsbefugnis der Behörden in deren Umfang zu folgern sein 5). 
der Landgemeinden nicht bezieht. Das Lüb. Ges. nahm die Bestimmungen des Brem. und die 
des Hamb. Verhältnisgesetzes v. 1879, § 19 zum Muster (Lüb. Verh. 1879 D. N. 9). 
1) Es muß ein gemeinschädliches Verhalten vorliegen: H# Z. 1902, n. 155; auch 1905, n. 
89; 1909, n. 7. Darüber hinaus kann z. B. bei Abbruch von Bauwerken die Polizei auch zum Schutz 
bter Vteressen eingreifen: Brem. Bau-O. v. 1906, 8 3; Bau-O. f. die Stadt Lübeck v. 1903, 
z 83, g. 3. 
2) Aber in Einzelgesetzen: Gemeindevorsteher bis 20 Mk. Brem. LGO. 88 in Fassung v. 
5. März 1907; Deichhauptmann bis 60 Mk. (Deich-O. v. 1878, § 35). Ferner enthalten die Steuer- 
gesetze Sonderbestimmungen über Anhaltung der Steuerpflichtigen zu bestimmten Aufgaben: 
1 i* Brem. Einkommensteuergesetz v. 1910, 5 23, Abs. 2; auch dabei handelt es sich um Zwangs- 
rafen. 
3) Brem. A. v. 25. Juni 1879, 5 96, Z. 3. Die Vollstreckung der Strafe erfolgt im Verwal- 
ungeehe: das. § 102. Lüb. Ges. v. 16. Juni 1879, § 12 mit Aenderung v. 8. Okt. 1913 wegen der 
aftkosten. 
4) O. Mayer a. a. O., I, S. 328 f.; Fleiner, Institutionen 2, S. 198; Stein, Grenzen, 
S. 48 f. HG#Z. 1893, n. 53. Zweifelhaft ist, ob die Zwangsstrafe auch angedroht werden kann, 
wenn die Zuwiderhandlung durch ein Strafgesetz bedroht ist. Mayer, S. 335 f., hält dies nur 
für zulässig zur Beseitigung eines infolge des Deliktes bestehenden Zustands. Fleiner, S. 199 
und Stein, S. 49 bejahen allgemein die Zulässigkeit bei der Verschiedenheit der Institute und 
ihrer Aufgaben. 
5) Eine Entsch, des Hans. OLG. v. 30. März 1903 (Thien gegen Brem. Staat) nimmt ein 
brem. Gewohnheitsrecht der Polizei an, in Ermittlungssachen Ladungen unter Strafandrohungen 
zu erlassen und die Streafen festzusetzen. 
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