8 56 Die Polizei. 151
Zur Vermittlung der Beziehungen der Garnison mit den Zivilbehörden ist in
beiden Staaten eine Militärkommission des Senats gebildet. Der letztere ist oberste
Zivilbehörde in Ersatzangelegenheiten und ernennt die Zivilmitglieder der unteren
Behörden (Brem. Konv. 8 18, 19; Lüb. Konv. 8 8).
II. Die innere Verwaltung.
§56. Die Polizei. I. Allgemeines. Polizei ist die Staatstätigkeit zum
Schutze der öffentlichen Interessen vor Gefährdung durch Anwendung obrigkeit-
licher Mittel. Sowohl diese Mittel — „Polizei ist die Zwangsgewalt in der Ver-
waltung“ — als auch die Beschränkung auf den Schutz der öffentlichen Interessen —
keine Wohlfahrts= oder Beglückungspolizei mehr — ist für den heutigen Begriff
der Polizei wesentlich 1).
Die Polizei ist danach eine allgemeine Form der Staatstätigkeit; sie gliedert sich
teils als sog. Verwaltungspolizei den einzelnen Verwaltungszweigen an — so
die Gewerbepolizei, Armenpolizei — teils hat sie als sog. Sicherheitspolizei den
Schutz des Gemeinwesens und der Einzelnen zu ihrem unmittelbaren Zweck.
Die Polizeigewalt trifft, indem sie mit Zwang vorgeht, die empfindlichste Stelle
des Rechtsstaates. Auf der anderen Seite ist der Schutz des Gemeinwesens vor Stö-
rungen im Innern eine der wichtigsten Aufgaben des Staates, und die Behörden be-
dürfen, um ihr zu genügen, eines gewissen Spielraumes innerhalb der Schranken
der Gesetze. Aus diesem Grunde geben die Gesetze dem Senat das Recht zum Erlaß
von Polizeiverordnungen (oben §& 50), den Polizeibehörden die Ermächtigung, im
Einzelfalle durch Strafbefehl einzugreifen (oben § 54 II) und durch Anwendung
unmittelbaren Zwanges gegen die Person oder das Vermögen im Notfalle das Ge-
meinwesen zu schützen (oben § 54 IV).
II. Organisation. Die Polizei wird in beiden Staaten vom Senat ohne
Mitwirkung der Bürgerschaft verwaltet loben § 16). In Bremen ist Landes-
polizeibehörde für bestimmte allgemeine Aufgaben z. B. Ausweisung von Ausländern,
von Bettlern, Stellung unter Polizeiaufsicht, die Polizeikommission
des Senats. Lokale Polizeibehörde für die Stadt Bremen und das Landgebiet2)
ist die Polizeidirektion, an deren Spitze ein Senator steht; für die Auf-
gaben der Baupolizei ist ihr ein ebenfalls von einem Senator geleitetes Baupolizei-
amt beigeordnet (unten § 58 II). In den Hafenstädten wird die Polizei von den
Aemtern verwaltet, soweit sie nicht den Stadträten übertragen ist (loben S. 112f).
Ueber die den Gemeindevorstehern der bremischen Landgemeinden übertragene
Polizeiverwaltung oben S. 116 f.
In Lübeck ist das Polizeiamt mit einem Senator als Polizeiherrn an
der Spitze einheitliche Polizeibehörde für das Staatsgebiet. Es zerfällt in die Ver-
waltungsabteilung — unter einem Regierungsrat —, die Exekutive — unter einem
Polizeihauptmann —, die Abteilung für Baupolizei unter dem Baupolizeiinspektor.
1) Diesen Begriff der Polizei haben die Gesetze vor Augen, wenn sie dem Senat das Recht
zum Erlaß von Polizeiverordnungen geben (vgl. die Begrenzung des Begriffs in Brem. Verf.
8 67 m) oder den Polizeibehörden das Recht zum Erlaß von Strafbefehlen, soweit ihre gamtiiche
Birtsamkeit es erfordert. Näheres über den Pegriff der Polizei: O. Mayer, Verw.-R., Bd. J
S. 18 f.; Fleiner, Institutionen", S. 338 f.; Meyer-Anschüt St N. S. 642 f.
L,Y Die Polizeiverwaltung im Brem. Landgebiet ist dem Landherrn trrommeen und der Po-
lizeidirektion übertragen: Ges. v. 21. Mai 1913 (S. 134); oben 8 43 1, Z. 1
’*