Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

8 61 Allgemeines; die Finanzverwaltung. 161 
II. Das Finanzwesen der Hansestädte wird in mannigfacher Weise durch 
die mangelnde Trennung von Staat und Stadt beeinflußt: beide haben einen Haus- 
halt, eine Finanzverwaltung; auch das Vermögen der Stadt ist von dem des Staates 
nur teilweise getrennt (Näheres oben § 40). Im Mittelpunkte der Finanzverwaltung 
steht in Bremen die Finanzdeputation — 3 Senatoren und 14 Bürger- 
schaftsmitglieder —, in Lübeck das Finanzdepartement — 4 Senatoren 
und 10 bürgerliche Deputierte — beide zur Vereinheitlichung der Finanzverwaltung 
im Anfange des 19. Jahrhunderts nach Aufhebung der Fremdberrschaft eingesetzt ½. 
Ueber die Befugnisse und Aufgaben der Finanzdeputation in Bre- 
men enthält das Deput.G. v. 1. Jan. 1894 § 23—38 eingehende Vorschrif- 
ten. Danach hat sie die Aufsicht und Kontrolle über das gesamte Finanzwesen des 
Staates. Ihr untersteht die Generalkasse 2), die Zentralstelle aller Einnahmen und 
Ausgaben, sowie das Staatsschuldenwesen. Sie überwacht das Rechnungswesen 
der anderen Verwaltungen und kann deren Kassen und Bücher revidieren. Damit 
ist ihr ein Recht zum Eingriff in die Verwaltung anderer Deputationen aber nicht ge- 
geben; über Mißstände, die sie ohne weiteres nicht abstellen kann, berichtet sie dem 
Senat (Deput.G. § 27, 33). Ihr liegt ferner die Aufstellung des Budgets und die 
Rechnungsprüfung ob (unten 3 62); dagegen besorgt sie abweichend von den beiden 
anderen Hansestädten in Bremen nicht die Verwaltung des Finanzvermögens des 
Staates (unten III). 
Auch in Lübeck untersteht dem Finanzdepartement die als „Stadt- 
kasse“ bezeichnete Staatskasse 3) und das Schuldenwesen. Ferner verwaltet es 
hier das wichtige Finanzvermögen des Staates, insbesondere die Stadtgüter und 
Forsten, und übt die gutsherrlichen Rechte an dem bäuerlichen Grundbesitz des Staates 
aus (unten III). Auch die Aufstellung des Budgets liegt ihr ob, während die Rech- 
nungsprüfung hier durch eine besondere Rechnungsbehörde geschieht (unten § 62). 
III. Das Staatsvermögen, bei dem ebenfalls die mangelnde Tren- 
nung vom Gemeindevermögen der Städte Bremen und Lübeck zu beachten ist (oben 
S. 108), gliedert sich in das unmittelbar staatlichen Zwecken dienende Verwaltungs- 
1) Eine ähnliche Stellung nimmt auch in Hamburg die Finanzdeputation ein. Ueber ihre 
Aufgaben: Rev. Ges. über die Organisation der Verwaltung v. 4. Nov. 1896, § 24, Z. 1. Ihre 
Sonderstellung zeigt sich darin, daß Mitglieder der Finanzdeputation in Hamburg aus jeder andern 
Deputation ausscheiden müssen; auch delegiert sie ihre Mitglieder in einzelne Behörden (Ges. 
v. 1896, 5¼ 6, Z. 7, § 24); v. Melle, Hamb. StR., F+ 59. 
2) Auszahlungen aus der Generalkasse erfolgen auf Grund der nach Maßgabe des Budgets 
den einzelnen Verwaltungen erteilten Anweisungen, die von 2 Mitgliedern der Finanzdeputation, 
einem Senator und einem Mitglied aus der Bürgerschaft, den Kasseninspektoren, erteilt werden 
(Deputationsges. § 35). Die Auszahlungen innerhalb der Fonds geschehen dann auf vom Rechnungs- 
führer ausgestellte, vom Vorsitzer mitunterzeichnete Anweisungen (Deputationsges. § 44; Re- 
gulativ f. die Rechnungsführer der öffentl. Verwaltungen und ihr Verhältnis zur Generalkasse 
v. 15. Nov. 1887 (S. 120) mit Nachträgen). 
3) Die Kassenführung liegt dem Stadtkassenverwalter ob, für dessen Wahl das Finanzdepar- 
tement dem Bürgerausschuß 4 Personen vorschlägt, von denen dieser dem Senat 2 präsentiert 
(Rat= und Bürgerschluß v. 18. Juli 1859). Ueber die jährliche Entlastung des Stadtkassenverwalters 
unten S. 165. Bis 1911 bestand neben der Stadtkasse unabhängig von ihr die Kasse der Verwaltungs- 
behörde für städt. Gemeindeanstalten. Nach der Vereinigung des Budgets der Behörde mit dem 
Staatsbudget (oben S. 108) besitzt die Kasse nur noch eine beschränkte Selbständigkeit; der jährliche 
Verwaltungsüberschuß ist an die Stadtkasse abzuliefern. Näheres Ges. das Rechnungs= und Kassen- 
wesen der Verwaltungsbehörde f. städt. Gemeindeanstalten betr. v. 16. Dez. 1911 (S. 246). — 
Früher enthielt der Kassarezeß v. 1665 eingehende Vorschifen über die Verwaltung der „Cassa“. 
Bollmann, Bremen und Lübeck. 11
	        
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