Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

184 Die Verwaltung. 871 
Für die (10) Kirchengemeinden des Landgebietes gilt die vom Senat 
nach Anhörung von Gemeindevertretern erlassene „Kirchliche Gemeindeordnung 
für das Landgebiet“ v. 18. Jan. 1889 (S. 7; Aenderungen v. 29. Okt. 1893 u. 1. Aug. 
1902); auch G. betr. Beiträge zu den Kirchenlasten im Landgebiet v. 27. Nov. 1889 
(S. 187). Die evangelischen Gemeinden der Stadt Bremen (14), von Bremerhaven (2) 
und Vegesack (1) haben jede ihre eigene Verfassung, die von den Gemeindeorganen 
beschlossen und vom Senat bestätigt ist 1). Nach ihren im wesentlichen übereinstim- 
menden Grundzügen) erscheinen als wichtigste Organe der Kirchenvorstand, als 
dessen Vertreter einige Bauherren die Geschäfte führen, und der Kirchenkonvent 
(im Landgebiet ein Kirchenausschuß), der über die Angelegenheiten der Gemeinde 
beschließt, auch — zum Teil unter Mitwirkung eines Gemeindeausschusses — die 
Pastorenwahl vornimmt, die der Bestätigung des Senats bedarf. Auch die Anstellung 
und Gehaltsverhältnisse ihrer Geistlichen, über die gesetzliche Vorschriften fehlen, 
regelt jede Gemeinde selbst 8). 
Bezüglich der Zugehörigkeit zu einer Gemeinde sind in der 
Stadt Bremen die Kirchspielschranken durchbrochen durch die V. den stadt- 
brem. Pfarrverband betr. v. 30. April 1860 (S. 49); für die übrigen Gemeinden 
gilt noch der Grundsatz, daß zu jeder Gemeinde alle ihrer Konfession angehörenden 
Einwohner ihres Bezirks gehören ). Kirchen steuern werden in den Hafen- 
städten und im Landgebiet erhoben, dagegen nicht in der Stadt Bremen 5). 
2. In Lübeck ist die evangelisch-lutherische Kirche Landes- 
kirche. Die reformierte Kirche hat die Stellung einer Freikirche; sie steht außer- 
halb des Kirchenregiments des Senates; für sie gilt das Regulativ v. 10. Dez. 1825 
(I, S. 3). Das Kirchenregiment in der Landeskirche steht von alters her dem Senat 
zu ), doch behält die Verf. der Bürgerschaft eine Mitwirkung bei bestimmten Ver- 
  
  
Dulon) spricht dem Senat Jurisdiktion bei Amtsvergehen der Geistlichen, namentlich bei Ab- 
fall von der Lehre der Kirche zu. — Ueber ein Eingreifen des Senats bei ungültigen Tauf- 
handlungen: Verh. 1905, S. 523. 
1) Früher galt — formell bis in das 19. Jahrh. hinein — für die Pfarrkirchen der Stadt 
und der Landgemeinden die Kirchen-O. v. 1534 (bearbeitet und herausgegeben von Jken 1891). 
Ueber sie auch: Kühtmann, Brem. Jahrb. Bd. 8, S. 141 f. — Neben den Kirchenordnungen 
erkennt das Urteil des OLG. in HG# 1895, n. 119 ein gemeines protestantisches Kirchenrecht als 
kirchliche Rechtsquelle für Bremen an. 
2) Ueber die Abweichungen der Gemeindeverfassungen in bezug auf das Bekenntnis und die 
Lehrverpflichtung der Geistlichen: Veeck a. a. O., S. 191. — Neuerdings sind in manchen städtischen 
Gemeinden auch die Frauen in der Gemeindevertretung berechtigt. 
3) Nach der kirchl. GO. für das Landgebiet § 26, Abs. 3 versieht die Senatskommission die 
Pastoren mit Dienstanweisung. 
4) Für die Landgemeinden: Kirchl. GO. v. 1889, § 1, auch Ges. v. 27. Nov. 1889, § 1. Für 
die vereinigte evangel. Gemeinde in Vegesack: H G Z. 1895, n. 119; für Bremerhaven: HGZ. 1886, 
n. 115. 
5) Für das Landgebiet: Kirchl. GO. v. 1889, §5 12; auch Ges. betr. Beiträge zu den Kirchen- 
lasten im Landgebiet v. 27. Nov. 1889 (S. 187). In Bremerhaven und Vegesack beruht die Kirchen- 
steuer au f Gemeindebeschlüssen, die vom Senat bestätigt sind (vgl. f. Bremerhaven auch Bek. v. 
3. Jan. 1866, S. 1). Daß hierin eine rechtsgültige Grundlage der Besteuerung liegt und ein Staats- 
gesetz nicht erforderlich ist, hat das OLG. in HG# Z. 1886, n. 115 anerkannt. Eine vom Senat später 
zurückgezogene Vorlage eines Kirchensteuergesetzes für Bremerhaven in Verh. 1909, S. 493, 1177. 
Auch in mehreren stadtbrem. Kirchenordnungen ist die Berechtigung der Gemeinde zur Erhebung 
einer Kirchensteuer anerkannt; das Vorgehen einer Einzelgemeinde würde freilich praktisch nicht 
purchführbar sein; ein kürzlich unternommener Versuch zu einem gemeinsamen Vorgehen ist ge- 
scheitert. 
6) Ueber die alte Lüb. Kirchen-O. v. 1531: Hoffmann, Lüb. Geschichte, S. 24 f.; ferner
	        
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