Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

Verfassung der freien 
Hansestadt Bremen. 191 
  
beratenden Gegenstände, entweder der 
Senat es für erforderlich hält, oder von 
wenigstens dreißig Vertretern schriftlich 
darauf angetragen wird. 
Die Ladungen zu den Versammlungen 
werden schriftlich, an jeden Vertreter beson- 
ders, erlassen, und zwar spätestens am 
Tage vor der Versammlung. 
Sollte in einzelnen Fällen die Veran- 
staltung der Versammlung so schleunig ge- 
schehen müssen, daß diese Frist nicht ein- 
gehalten werden oder die Ladung an 
außerhalb der Stadt Bremen wohnende 
Vertreter nicht erfolgen könnte, so steht 
dieses der Gültigkeit der von der beschluß- 
fähigen Zahl der Vertreter gefaßten Be- 
schlüsse nicht entgegen. 
8 50. Zur Beschlußfähigkeit der Ver- 
sammlung ist die Teilnahme von wenig- 
stens fünfzig Mitgliedern erforderlich. 
Ausnahmsweise kann indes auch in Er- 
mangelung dieser Zahl eine Beschluß- 
nahme gültig erfolgen, wenn die Dring- 
lichkeit des Gegenstandes keinen Aufschub 
gestattet und dieses bei der Ladung zu der 
Versammlung ausdrücklich angezeigt wor- 
den ist. Beantragt der Senat, daß wegen 
Dringlichkeit des Gegenstandes diese Aus- 
nahme eintrete, so ist demgemäß zu ver- 
fahren. 
+51. Die Versammlungen der Bürger- 
schaft sind öffentlich. Der Senat ist jedoch 
berechtigt, in solchen Fällen, wo es ihm 
durch das Staatswohl geboten erscheint, 
eine vertrauliche Sitzung zu beantragen, 
und ist dann die Oeffentlichkeit der Ver- 
sammlung unstatthaft. Auch wird, wenn 
wenigstens zwanzig Mitglieder der Bür- 
gerschaft eine vertrauliche Sitzung be- 
antragen, nach Entfernung der Zuhörer, 
darüber, ob die Bürgerschaft den Gegen- 
stand dazu geeignet halte oder nicht, ein 
Beschluß gefaßt. Im Bejahungsfalle ge- 
schieht die Beratung und Beschlußnahme 
über die Sache selbst in vertraulicher Sit- 
zung; im entgegengesetzten Falle wird den 
Antragstellern anheimgegeben, den Gegen- 
stand zurückzunehmen oder zur öffentlichen 
Beratung zu bringen. 
Sowohl wenn der Gegenstand zurück- 
genommen wird, als auch wenn die Vor- 
nahme desselben in vertraulicher Sitzung 
erfolgt, ist jedes Mitglied der Bürgerschaft 
bis auf weiteres zur Geheimhaltung des 
Gegenstandes und der darüber gepfloge- 
nen Verhandlungen auf seinen Staats- 
bürgereid verpflichtet. 
§*52. Der Präsident eröffnet, leitet und 
schließt die Beratungen. 
Ihm liegt die Aufrechthaltung der 
Ruhe und Ordnung sowohl in der Ver- 
sammlung selbst als auch unter den Zu- 
hörern ob. Wird die Ruhe durch die 
Zuhörer gestört, so kann er die Entfernung 
derselben veranlassen und dazu erforder- 
lichen Falles die bewaffnete Macht in 
Anspruch nehmen. 
m 53. Jeder Vertreter, welcher zu ir- 
gend einem Ausschusse gewählt ist, kann 
in der Regel weder die Wahl ablehnen, 
noch, so lange er Vertreter ist, seine Teil- 
nahme an dem Ausschusse aufgeben, sofern 
nicht die Bürgerschaft ihn dazu ermächtigt. 
Die Wahl in das Bürgeramt oder in 
einen sonstigen ständigen Ausschuß ist 
er abzulehnen berechtigt, wenn er das 
fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet hat 
oder ein Richteramt bekleidet, oder bereits 
zu drei ständigen Ausschüssen gehört. Auch 
kann er, wenn er nach seinem Eintritt jenes 
Alter erreicht oder ein Richteramt über- 
nimmt, seine Entlassung aus jedem stän- 
digen Ausschusse begehren. 
Die Wahl in einen Ausschuß überhaupt 
ist abzulehnen befugt, wer bereits sechs 
Ausschüssen als Mitglied angehört. 
54. Von allen Beschlüssen der Bür- 
gerschaft, welche über Anträge des Senats 
erfolgen, oder sonst zur Mitteilung an 
denselben geeignet sind, wird eine amtliche 
Ausfertigung dem Senat eingereicht. 
z 55. Die näheren Vorschriften über 
den Geschäftsgang bei den Verhandlungen 
der Bürgerschaft und des Bürgeramts blei- 
ben der Geschäftsordnung vorbehalten, 
welche von der Bürgerschaft nach Maßgabe 
der Verfassung und der Gesetze festgestellt 
und sodann dem Senat zum Behuf der 
Geltendmachung seines Einspruchrechts 
gegen etwaige verfassungs= oder gesetz- 
widrige Bestimmungen derselben mitge- 
teilt wird. 
III. 
Wirksamkeit des Senats und 
der Bürgerschaft. 
#s 56. Der Senat und die Bürgerschaft 
wirken in Ausübung der Staatsgewalt ge- 
meinschaftlich, soweit nicht verfassungs- 
mäßig ein anderes festgesetzt ist. Jedoch 
hat der Senat die Leitung und Oberauf- 
sicht in allen Staatsangelegenheiten, sowie 
die vollziehende Gewalt überhaupt nach 
Maßgabe der Verfassung. 
57. Demzrfolge gehört zum Wir- 
kungskreise des Senats, als der Regierung 
des Bremischen Staats: 
 
	        
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