Verfassung der freien und Hansestadt Lübeck.
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Wahl unter Weglassung desjenigen, auf
welchen die wenigsten Stimmen gefallen
sind, fortgesetzt.
Sollten jedoch alle drei Vorgeschlage-
nen oder zwei derselben neben dem dritten
eine gleiche Stimmenzahl erhalten, so wird
zuvörderst versucht, durch eine Wieder-
holung der Abstimmung die Stimmen-
gleichheit zu beseitigen; mißlingt aber die-
ser Versuch, so werden aus sämtlichen Teil-
nehmern an der Wahlhandlung fünf Ob-
männer ausgelost, welche in ein besonderes
Zimmer treten und dort nach Stimmen-
mehrheit zu entscheiden haben, wer von
denjenigen Vorgeschlagenen, auf welche
eine gleiche Stimmenzahl gefallen ist, von
der Wahlliste wegzulassen ist, worauf über
die auf derselben verbleibenden Personen
von neuem abgestimmt wird.
Ergibt sich Stimmengleichheit für zwei
auf der Wahlliste verbliebene Personen
und wird auch diese bei einer nochmaligen
Umstimmung nicht beseitigt, so wird in
gleicher Weise mit der Auslosung von fünf
Obmännern verfahren, welche in diesem
Falle nach Stimmenmehrheit über einen
der beiden Vorgeschlagenen sich zu ver-
einigen haben. Der von ihnen Genannte
wird sodann durch den im Senate den
Vorsitz führenden Bürgermeister für ge-
wählt erklärt.
Würde einer der Wahlbürger selbst
unter den von den Wahlkammern Vorge-
schlagenen oder unter denjenigen sich be-
finden, welche nach wiederholtem Wahl-
versuche gleich viele Stimmen erhalten
haben, so kann er zwar in jenem Falle
an der Wahl teilnehmen, in diesem aber
nicht zum Obmann ausgelost werden.
Artikel 8.
Jede im Senate erledigte Stelle muß
innerhalb vier Wochen wieder besetzt wer-
den.
Sollten mehrere Stellen im Senate
gleichzeitig erledigt sein, so sind die ver-
schiedenen Wahlen an verschiedenen Tagen
vorzunehmen. Bei jeder Wahl ist das
vorgeschriebene Verfahren aufs neue ein-
zuleiten.
Artikel 9.
Eine Verpflichtung zur Annahme der
Wahl zum Mitgliede des Senates findet
nicht statt. Auch steht der Austritt aus dem
Senate jederzeit frei.
Artikel 10.
In der nächsten nach der Wahl statt-
findenden Versammlung des Senates
wird das neu erwählte Mitglied in Gegen-
wart des Bürgerausschusses (Artikel 53)
feierlich eingeführt und leistet folgenden
Eid:
Als neu erwähltes Mitglied des
Senates dieser freien Stadt gelobe und
schwöre ich zu Gott:
Ich will meinem Amte gewissenhaft
vorstehen, das Wohl des Staates nach
allen meinen Kräften erstreben, die Ver-
fassung desselben getreu befolgen, das
öffentliche Gut redlich verwalten und
bei meiner Amtsführung, namentlich
auch bei allen Wahlen, weder auf eigenen
Vorteil noch auf Verwandtschaft oder
Freundschaft Rücksicht nehmen. Ich
will die Gesetze des Staates handhaben
und Gerechtigkeit üben gegen jeden,
er sei reich oder arm. Ich will auch
verschwiegen sein in allem, was Ver-
schwiegenheit erfordert, besonders aber
will ich geheim halten, was geheim zu
halten mir geboten wird. So wahr mir
Gott helfe!
Artikel 11.
Die Mitglieder des Senates beklei-
den ihr Amt lebenslänglich und beziehen
während ihrer Amtsführung die durch das
Gesetz festgestellten Honorare.
Wann und in welcher Weise eine Ver-
setzung von Senatsmitgliedern in den
Ruhestand, unter Gewährung eines Ruhe-
gehaltes, stattfindet, sowie in welchen Fäl-
len ein Mitglied zum Austreten aus dem
Senate verpflichtet ist oder genötigt wer-
den kann, ist durch die betreffenden Gesetze
bestimmt.
Artikel 12.
Jedes Mitglied des Senates muß in
der Stadt Lübeck oder in einer Vorstadt
derselben, in letzterem Falle mit der Ver-
pflichtung, ein zu bestimmten Zeiten
zugängliches Geschäftszimmer in der Stadt
zu halten, seinen regelmäßigen Wohnsitz
haben oder doch, sofern dies bei seinem
Eintritt in den Senat nicht der Fall sein
sollte, binnen drei Monaten daselbst neh-
men.
Artikel 13.
Die aus dem Gelehrtenstande erwähl-
ten Mitglieder des Senates dürfen kein
Gewerbe betreiben, auch ohne vorgängige
Genehmigung des Senates kein Neben-
amt und keine Nebenbeschäftigung, mit
welchen eine fortlaufende Remuneration
verbunden ist, übernehmen.
Dieselbe Genehmigung ist zum Eintritt
derselben in den Vorstand, Verwaltungs-