Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

Verfassung der freien und Hansestadt Lübeck. 
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sonen erstrecken, welche an den Wahlen 
in die Bürgerschaft teilzunehmen berech— 
tigt sind. 
Vierter Abschnitt. 
Verfahren 
bei beharrlicher Meinungsverschiedenheit 
zwischen dem Senate und der Bürgerschaft. 
Artikel 73. 
Zeigt sich bei den Verhandlungen über 
Anträge des Senates an die Bürgerschaft 
oder über Anträge der Bürgerschaft an den 
Senat zwischen beiden eine beharrliche 
Meinungsverschiedenheit, so kommen die 
nachfolgenden Bestimmungen zur An- 
wendung. 
Artikel 74. 
Wenn zwischen dem Senate und der 
Bürgerschaft über die authentische Aus- 
legung bestehender Gesetze eine Meinungs- 
verschiedenheit obwaltet, insbesondere, 
wenn Bestimmungen der Verfassung strei- 
tig sind, oder wenn ein von dem Senate 
oder von der Bürgerschaft auf Grund der 
Verfassung in Anspruch genommenes Recht 
von dem anderen Teile bestritten wird, 
so wird zuvörderst der Versuch gemacht, die 
Meinungsverschiedenheit im Wege der 
Verständigung zu beseitigen. Bleibt dieser 
Versuch ohne Erfolg, so ist die Streitfrage 
der rechtlichen Entscheidung des Hanseati- 
schen Oberlandesgerichtes zu unterwerfen. 
Das dabei zu beobachtende Verfahren 
ist durch eine besondere Uebereinkunft 
zwischen dem Senate und der Bürgerschaft 
festgestellt. 
Artikel 75. 
Weichen dagegen die Meinungen des 
Senates und der Bürgerschaft darüber 
voneinander ab, was das Staatswohl 
erfordere, und sind in einem solchen Falle 
der Senat und die Bürgerschaft derüber- 
ein stimmenden Ansicht, daßeine 
Beschlußnahme ohne wesent- 
lichen Nachteil für das Ge- 
meinwesen keinen Aufschub 
erleide,., so ist die Meinungsverschie- 
denheit durch den Ausspruch einer Ent- 
scheidungskommission zu beseitigen. Aen- 
derungen in der Staatsverfassung dürfen 
indessen niemals durch den Ausspruch einer 
solchen Kommission herbeigeführt werden. 
Artikel 76. 
Die Entscheidungskommission wird 
durch sieben Mitglieder des Senates 
und siebe n Mitglieder der Bürgerschaft 
  
gebildet. Jene werden vom Senate, diese 
von der Bürgerschaft durch geheime Ab- 
stimmung mittels Stimmzettel erwählt. 
Artikel 77. 
Diese Wahl erfolgt an demselben Tage, 
an welchem sich der Senat und die Bürger- 
schaft vollständig darüber geeinigt haben, 
daß eine Entscheidungskommission zusam- 
mentreten solle und welcher Auftrag der- 
selben zu erteilen sei. 
Artikel 78. 
Die Mitglieder des Senates sind in- 
folge ihres Ratseides, die Mitglieder der 
Bürgerschaft zufolge ihres Bürgereides 
verpflichtet, die auf sie gefallene Wahl an- 
zunehmen. Nur für Kranke oder Abwe- 
sende ist daher zu einer neuen Wahl zu 
schreiten. 
Artikel 79. 
Die in die Entscheidungskommission 
berufenen Mitglieder des Senates und der 
Bürgerschaft haben spätestens in der näch- 
sten nach der Wahl stattfindenden Ver- 
sammlung des Senates in Gegenwart des 
Bürgerausschusses folgenden Eid zu lei- 
sten: 
Ich gelobe und schwöre zu Gott, bei 
der mir übertragenen Entscheidung der 
zwischen dem Senate und der Bürger- 
schaft obwaltenden Meinungsverschie- 
denheit mich lediglich durch die Rücksicht 
auf das Gemeinwohl leiten zu lassen, 
meinen Ausspruch nur nach meinem 
besten Wissen und Gewissen zu tun, 
über alles, was in der Kommission ver- 
handelt werden wird, namentlich auch 
darüber, in welcher Weise die Entschei- 
dung zustande gekommen ist, wie ich 
selbst und die übrigen Mitglieder der 
Kommission gestimmt haben, niemals 
irgend jemandem eine Mitteilung zu 
machen, vielmehr über dieses alles das 
unverbrüchlichste Stillschweigen zu be- 
wahren. So wahr mir Gott helfe! 
Artikel 80. 
Die Kommission erwählt ihren Vor- 
sitzenden aus den ihr angehörigen Mitglie- 
dern des Senates in geheimer Abstimmung 
mittels Stimmzettel. 
Artikel 81. 
Die Reihenfolge, in welcher die übrigen 
Mitglieder ihren Sitz einzunehmen haben, 
und in welcher die Abstimmung geschieht, 
wird durch das Los festgestellt. Der Vor-
	        
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