Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

88 Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. 23 
  
Gemeinde des Staates gründete 1). Die politische Umgestaltung ließ die Schranken 
der bürgerlichen Berechtigung zunächst unberührt. Obgleich die Brem. Verf. den 
Grundsatz der Gewerbefreiheit proklamierte, blieb das Recht zur Niederlassung und 
zum Gewerbebetriebe in einer Gemeinde grundsätzlich auf Gemeindeangehörige be- 
schränkt 2). In den 60er Jahren wurde die Freizügigkeit und Gewerbefreiheit wenig- 
stens den Angehörigen der verschiedenen Gemeinden des Staates zugestanden 3). 
Da die Gemeindeangehörigkeit die Grundlage des Staatsbürgerrechtes bildete, 
blieb auch damit noch der Zusammenhang des Bürgerrechtes mit der bürgerlichen 
Berechtigung im Staate gewahrt. Erst die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes 
beseitigte diesen Zusammenhang, indem sie allen Deutschen die Freizügigkeit im 
Reichsgebiet gewährleistete und die Gewerbefreiheit allgemein durchführte 4). Damit 
war der Bürgerverband von seiner früheren Grundlage losgelöst; als Voraussetzung 
der politischen Berechtigung haben alle drei Hansestädte das Bürgerrecht beibehalten. 
8 8. Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. Der Erwerb und Verlust 
der Staatsangehörigkeit ist reichsrechtlich geregelt, jetzt durch Reichs= und Staats- 
angehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913 (bis dahin G. v. 1. Juni 1870); dazu die landes- 
rechtlichen Ausführungsbestimmungen für Bremen: V. v. 30. Dez. 1913 (S. 417); 
für Lübeck: V. v. 31. Dez. 1913 (auch G. v. 28. Nov. 1870). 
Wegen der Einzelheiten muß auf das Reichsgesetz und die Darstellungen des 
Reichsrechts Bezug genommen werden; hier sei nur kurz hervorgehoben: Erwor- 
ben wird die bremische — lübeckische — Staatsangehörigkeit: 1. durch Geburt von 
einem einheimischen Vater, bei unehelichen Kindern von einer solchen Mutter; 2. durch 
Legitimation; 3. von einer Frau durch Heirat mit einem Staatsangehörigen; 4. durch 
Aufnahme des Angehörigen eines anderen deutschen Staates, die im Falle der Nie- 
derlassung im Staatsgebiet erteilt werden muß, falls nicht bestimmte Abweisungs- 
gründe vorliegen (RG. &5 7); 5. durch Einbürgerung — früher Naturalisation — eines 
Ausländers, die nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf (R. 8§§ 8, 9). 
Auch beim Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch nur in be- 
stimmten Ausnahmefällen; im übrigen können auch landesgesetzlich weitere Anforde- 
rungen bestimmt werden. In Lübeck haben Ausländer, die nach § 8, 13, 26 Abk. 3 
ihre Einbürgerung beantragen, nachzuweisen, daß sie aus ihrem bisherigen Staats- 
verband entlassen sind (Lüb. V. v. 31. Dez. 1913 & 5). In Bremen hat ein Ausländer 
bei Stellung des Antrages auf Einbürgerung eine Gebühr von 50 Mk. zu entrichten 
außer in den Fällen, in denen das Reichsgesetz (& 38) Kostenfreiheit zusichert; wird 
1) Für Bremen: Verf. v. 1849, Art. 1 § 1, 2. — In Lübeck hob die V. v. 29. Sept. 1848 
den Unterschied zwischen Bürgern und Einwohnern auf und verpflichtete alle christlichen Be- 
wohner des Staates, die hier „eine Nahrung betreiben oder zum Behrufe der Verheiratung pro- 
klamiert“ sein wollen, zum Erwerb des Bürgerrechts; die Schranke des Religionsbekenntnisses 
fiel dann durch V. v. 30. Dez. 1848. 
2) So noch Brem. V. v. 4. April 1861, die Aufhebung der Gewerbsprivilegien in der Stadt 
Bremen betr. 
3) Brem. G. das Gemeindebürgerrecht betr. v. 1. Jan. 1863 (S. 1). Lüb. Gewerbeges. v. 
29. Sept. 1866 (S. 76). 
4) Der Lüb. Grundsatz, daß der Besitz des Bürgerrechts Voraussetzung zur Proklamation 
zwecks Eheschließung sei, wurde durch G. d. Nordd. Bundes v. 4. Mai 1869, betr. Aufhebung 
polizeil. Beschränkungen der Eheschließung, beseitigt. Ueber die sich aus dem Eingreifen der 
Reichsgesetze bildende Rechtslage: Klügmann, Die Einwirkungen des gem. Indigenats des 
Nordd. Bundes auf das öffentl. Recht des Freistaates L. 1868.
	        
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