Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

32 Die Organisation des Staates. l 12 
  
7. Eine zeit weilige Außerkraftsetzung der im 2. Abschnitt der 
Brem. Verf. über Verhaftung, Haussuchung, Preßfreiheit, Vereins= und Versamm- 
lungsrecht enthaltenen Bestimmungen und der betr. Einzelgesetze kann der Senat 
im Falle eines Krieges, Aufruhrs oder bei sonstiger Gefährdung der öffentlichen Ord- 
nung und Sicherheit anordnen; die Anordnung tritt nach 4 Wochen außer Kraft, 
falls nicht inzwischen die sofort zu benachrichtende Bürgerschaft einer längeren Gel- 
tung beigestimmt hat (Brem. Verf. § 20). Dieses Notverordnungsrecht 
des Senats hat dadurch an Bedeutung verloren, daß jene Materien meist durch Reichs- 
gesetze geregelt sind, in die der Senat nicht eingreifen kann. Für das Gebiet der 
Presse hat es kraft ausdrücklicher Zulassung des Reichspreßgesetzes (§ 30 Abs. 1) Gel- 
tung behalten. Unabhängig davon besteht das Recht des Kaisers, falls die öffentliche 
Sicherheit bedroht ist, jeden Teil des Reichsgebietes in Kriegszustand zu erklären 
(RVerf. Art. 68). 
Vierker Abschnitt: Die Organisation des Staates. 
I. Kapitel: Der Senat. 
§ 12. Die Zusammensetzung des Senates. I. Mitgliederzahl, 
Wählbarkeit. Nach der Brem. Verf. 521 besteht der Senat aus 18 Mit- 
gliedern; davon müssen 10 dem Stande der Rechtsgelehrten 1) angehören und 
5 Kaufleute sein. Die übrigen 3 dürfen dem Stande der Rechtsgelehrten nicht 
angehören. Durch Gesetz kann die Zahl der Mitglieder auf 17 oder auf 16 herab- 
gesetzt werden. Im ersteren Falle müssen 4, im letzteren 3 Mitglieder Kaufleute 
sein 2). Durch Gesetz vom 1. Juni 1884 ist die Herabsetzung auf 16 Mitglieder er- 
folgt. Darnach zählt der Senat jetzt 16 Mitglieder, von denen 10 Rechtsgelehrte 
und 3 Kaufleute sein müssen, während bei den 3 übrigen Stellen eine Beschränkung 
hinsichtlich des Standes nur insofern vorgeschrieben ist, als sie nicht mit Rechts- 
gelehrten besetzt werden dürfen 2). 
In Lübeckyh besteht der Senat aus 14 Mitgliedern; von ihnen müssen 8 
dem „Gelehrtenstande"“ angehören und unter diesen wenigstens 6 Rechtsgelehrte 1½) 
1) Der Begriff der „Rechtsgelehrten“ ist nirgends definiert. Das Studium der Rechtswissen- 
schaft wird nicht genügen, sondern — wie entsprechend auch bei den „Gelehrten“ der Lüb. Verf. — 
Nachweis der Rechtsgelehrsamkeit durch abgelegte Examina — also Befähigung zum Richteramt — 
erforderlich sein. So auch Perels, Ueber den Hamb. Bürgerausschuß. 1912, S. 6, Anm. 9. 
2) Brem. Verf. F 21 in der Fassung des Ges. v. 4. Nov. 1909 (S. 335). Bis 1849 bestand in 
Bremen der Senat aus 4 Bürgermeistern und 24 Ratsherrn; die Verf. v. 1849, die ihm seine rich- 
terlichen Funktionen nahm, setzte die Zahl auf 16 herab; die Verf. v. 1854 erhöhte sie auf 18; 
durch Ges. v. 1. Juni 1884 (S. 83) wurde die Herabsetzung auf 16 zugelassen. Eine spätere An- 
regung des Senats, die Zahl weiter zu vermindern und dafür mehr höhere Beamtenstellen zu 
schaffen, wurde von der Bürgerschaft abgelehnt (Verh. 1898, S. 187, 193). — In Hamburg hat der 
Senat 18 Mitglieder, darunter 9, welche Rechts= oder Kameralwissenschaften studiert haben, und 
9 „sonstige" Mitglieder, darunter wenigstens 7 Kaufleute (Hamb. Verf. Art. 7). 
3) Diese Beschränkung der Juristen im Brem. Senat ist durch Ges. v. 4. Nov. 1909 einge- 
führt. Bis dahin konnten bis 13 Juristen im Senat sitzen. Wegen der Schwierigkeiten der Ueber- 
gangszeit wurde für einen Einzelfall die Wahl eines weiteren Juristen zugelassen durch Ges. v. 
30. Nov. 1911 (S. 199). 
4) Lüb. Verf. Art. 5. Nach dem Rezeß v. 1669 bestand der Senat aus 4 Bürgermeistern und 
16 Ratsherren. Die Verf. v. 1848 beließ es bei dieser Zahl. Nach der Neuordnung des Gerichts- 
besens erfaltte in der Verf. v. 1851 die Herabsetzung der Zahl auf 16 (Bruns, Lüb. Verf.= 
Gesch. S. 1, 22 f.).
	        
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