40 Die Organisation des Staates. l 13
Vorschrift, daß jedes Senatsmitglied in der Stadt Bremen — Lübeck — seinen Wohn-
sitzhaben muß 2).
In Bremen darf ein Senatsmitglied nur mit Erlaubnis des Senats dem
Vorstand, Verwaltungs= oder Aufsichtsrat einer Erwerbsgesellschaft angehören; die
Erlaubnis darf nicht erteilt werden, wenn die fraglichen Geschäfte mit der Wahr-
nehmung des Amtes oder der Stellung des Senators unverträglich scheinen; sie
ist jederzeit widerruflich; die dem Gelehrtenstande angehörigen
Mitglieder des Senats dürfen neben ihrem Amtsgeschäft kein ander-
weitiges Berufsgeschäft betreiben 2). In Lübeck dürfen die aus dem Gelehrtenstand
erwählten Senatoren kein Gewerbe betreiben, auch ohne Genehmigung des Senats
kein Nebenamt und keine Nebenbeschäftigung, mit der eine fortlaufende Vergütung
verbunden ist, übernehmen; auch zum Eintritt in den Vorstand oder Aufsichtsrat
einer Erwerbsgesellschaft ist die Genehmigung des Senates erforderlich, die nicht
erteilt werden darf, wenn die Stelle mit einer Vergütung verbunden ist 3).
Herkömmlich dürfen Senatoren keine Orden annehmen.
IV. Verantwortlichkeit der Senatsmitglieder. Sie ist
gleich der Verantwortlichkeit der Beamten eine dreifache: eine zivilrechtliche,
strafrechtliche und disziplinarische. Eine besondere staatsrechtliche Verantwortlich-
keit der Senatoren für die Einhaltung der Gesetze, wie sie nach einigen Verfassungen
für Minister besteht, kennen Lübeck und Bremen nicht 3).
Strafrechtlich und zivilrechtlich sind die Senatoren gleich anderen
Beamten verantwortlich; der Abschnitt 28 des Str# B. findet auch auf sie Anwen-
dung (oben S. 38); zivilrechtlich sind sie im Rahmen ihrer allgemeinen Verant-
wortlichkeit — oben I a. E. — Dritten nach BGB. § 823 f. 839 und dem Staat
nach den allgemeinen Vorschriften über unerlaubte Handlungen ersatzpflichtig (vgl.
unten S. 78 und S. 94 5).
Ihre disziplinarische Verantwortlichkeit ist besonders geregelt. Dar-
nach kann zum Austritt aus dem Senat genötigt werden ein
1) Brem. Verf. §5 28. Lüb. Verf. Art. 12 fordert regelmäßigen Wohnsitz in der Stadt L. oder
in einer Vorstadt derselben, in letzterem Falle mit der Verpflichtung, „ein zu bestimmten Zeiten
zugängliches Geschäftszimmer in der Stadt zu halten“. Für Hamburg Verf. Art. 14.
2) Brem. Verf. 5 29; Beamtenges. v. 1. Febr. 1894, § 135, 28. Der Beschränkung der „Ge-
lehrten“ entspricht ihr höheres Honorar. Weder dem Gelehrten- noch dem Kaufmannsstand an-
gehörende Senatoren erhalten das höhere Honorar, wenn sie auf andere Berufsgeschäfte verzich-
ten, wozu für sie aber eine Verpflichtung nicht besteht (Senatsges. § 24).
3) Lüb. Verf. Art. 13. Die Beschränkungen in Lübeck entsprechen dem Reichsbeamtengesetz
§5 16. Bericht der Kommission des Bürgerausschusses in Lüb. Verh. 1874, D. Nr. VI. Für Hamburg
entsprechende Bestimmungen in Verf. Art. 13.
4) Eine solche staatsrechtliche Verantwortlichkeit sah die Brem. Verf. von 1849 5 124 ent-
sprechend einer Lieblingsdoktrin ihrer Zeit vor. Auch der Art. 27 der Hamb. Verf. hat sie im Auge,
wenn er die Senatoren dafür verantwortlich erklärt, daß durch ihre Amtsführung Verf. und Ges.
nicht verletzt werden. Das dort vorgesehene Gesetz zur Ausführung der Bestimmung ist bisher
nicht ergangen. Die Kritik eines Entwurfs der Bürgerschaft bei Westphal, Ein hamb. Verant-
wortlichkeitsgesetz, Annalen 1910, S. 18 f. Westphal spricht dort von einer 4. Art der Verant-
wortlichkeit der Senatoren, der parlamentarischen oder politischen. Er leitet sie ab aus dem Inter-
pellationsrecht der Bürgerschaft. Diesem würde aber doch nur eine Verantwortlichkeit des Senats,
nicht der einzelnen Senatsmitglieder entsprechen.
5) Ueber die Ersatzpflicht eines Senats als Vorsitzers einer Deputation bei mangelnder
Aufsicht für Hamburg: Gutachten der Göttinger Juristenfakultät in Hamb. Verh. zw. S. u. B.
1875, ahtul f. Ueber die abweichende Ansicht von Zacharias, Arch. f. öffentl. Recht 1914 S. 1 f.,
im Nachtrag.