8 16 Rechtsstellung und Wirkungskreis des Senats. 43
Lübeck 4 Senatssekretäre mit dem Titel Regierungsrat und ein Archivar 1). Ihnen
liegt die Protokollführung im Senat, die Ausfertigung seiner Beschlüsse und die
Aufsicht über die Regierungskanzlei ob. Im übrigen werden sie vom Senat nach
Bedarf zu seiner Unterstützung verwandt. Um bei der wachsenden Geschäftslast eine
Entlastung der Senatoren zu ermöglichen, ist ihre Stellung in der letzten Zeit weiter
dahin ausgebaut, daß sie in bestimmten Grenzen auch zu Mitgliedern von Behörden
und Ausschüssen bestellt werden können. In Bremen kann der Senat sie zur
Teilnahme an Deputationssitzungen ohne Stimmrecht hinzuziehen, ihnen auch die
Protokollführung in Deputationen übertragen; er kann die Syndiker ferner in dem
mit der Bürgerschaft vereinbarten Umfang zu stimmberechtigten Mitgliedern stän-
diger Ausschüsse des Senats und gemischter Behörden außer Deputationen er-
nennen 2). In Lübeck kann der Senat die Senatssekretäre allgemein zu Mit-
gliedern der Verwaltungsbehörden und Kommissionen, denen Senatsmitglieder
angehören, anstatt solcher neben wenigstens einem Senatsmitglied bestellen, sie
auch, wenn ein solches nicht anwesend ist, am Vorsitz teilnehmen lassen #).
§& 16. Rechtsstellung und Wirkungskreis des Senats. Der Senat ist unmit-
telbares Staatsorgan, seine Stellung beruht auf der Verfassung; er ist selb-
ständiges Organ: während der Wille der Bürgerschaft nur gemeinsam mit dem
des Senates nach außen hin gilt, hat der Senat einen selbständigen Willen mit Herr-
schergewalt 1). Neben dem Gebiete der gemeinsamen Wirksamkeit von Senat und
Bürgerschaft — das unten § 22 zu behandeln ist — hat der Senat einen eige-
nen, hier zu erörternden Wirkungskreis.
Wie oben S. 17 f. ausgeführt, grenzen die Verfassungen von Bremen und
Lübeck den gemeinsamen Wirkungskreis von Senat und Bürgerschaft verschieden
ab. Nach der Brem. Verf. sind im Zweifel alle Staatsangelegenheiten von ihnen ge-
meinsam zu erledigen; sie zählt daher die dem Staat allein zugewiesenen Geschäfte
in § 57 erschöpfend auf. In Lübeck besorgt der Senat allein alle Staatsangelegen-
heiten, soweit nicht eine Mitwirkung der Bürgerschaft oder des Bürgerausschusses
ausdrücklich bestimmt ist (Verf. Art. 18); demgemäß fehlt hier eine Aufzählung der
Aufgaben des Senats.
1) Für Bremen: Verf. 5 36 in der Fassung des Ges. v. 7. Febr. 1913 (S. 25). Für Lübeck:
Verf. Art. 17 mit Abänderung v. 10. Febr. 1909 (S. 40). Unter der alten Verfassung nahmen
die Syndiker als rechtskundige Konsulenten des Senates eine hervorragende Stellung ein; als
Personen de senatu standen sie über den Beamten. — In Hamburg rangieren die 4 Syndici
und 2 Senatssekretäre noch jetzt außerhalb der Beamten; sie beziehen ein „Honorar“ wie die Se-
natoren (20 000 Mk. bzw. 16 000 Mk.) und unterstehen besonderen Disziplinarbestimmungen (Ges.
v. 23. Jan. 1889 und 5. Mai 1913).
2) Deputationsges. § 13 in Fassung v. 9. Nov. 1898 (S. 116). Gegen die Gewährung des
Stimmrechts in den Deputationen an die Syndiker hat die Bürgerschaft sich bisher ablehnend
verhalten. Verh. 1912, S. 1553 f. Dort auch die einzelnen Ausschüsse und Behörden, an denen
die Syndiker (nicht Senatssekretäre) mit Stimmrecht teilnehmen können. Vgl. auch die Ges. v.
7. Febr. 1913 (S. 26—28).
3) Rat= und Bürgerschluß v. 20. Okt. 1909. Ihre Beiordnung mit beratender Stimme neben
Senatsmitgliedern war schon vorher durch Beschluß v. 26. März 1900 gestattet. Auch kann in Lübeck
den Spruchkommissionen des Senats — Rekursbehörde in Gewerbesachen, Senatsausschüsse
für Beschwerden in Bau= und Sielsachen, für Angelegenheit der Armenverbände — ein Senats-
sekretär angehören (Ges. v. 10. Febr. 1909 (S. 40 f.).
4) Ueber unmittelbare und selbständige Staatsorgane: Jellinek, Staatslehre 2, S.
544 f. Darüber, ob der Senat ein sekundäres Organ ist: oben S. 16.