Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

60 Die Organisation des Staates. *20 
des Senats vor allen anderen Gegenständen den Vorzug; ferner muß über solche 
Anträge in derselben Versammlung, in der sie gestellt sind, ein Beschluß gefaßt wer- 
den; dieser Beschluß kann auch auf Verweisung an eine Kommission, jedoch nicht auf 
Vertagung der Verhandlung gehen 1). Anträge einzelner Mitglieder bedürfen, 
wenn sie nicht als Abänderungs= oder Zusatzanträge mit einem Beratungsgegenstande 
in Verbindung stehen, einer bestimmten Unterstützung, um auf die Tagesordnung zu 
gelangen: in Bremen regelmäßig von 5 Mitgliedern, bei Verfassungsänderungen 
von 30 Mitgliedern; in Lübeck, wenn es sich um „Anregen“ zu Anträgen an den Senat 
handelt, von 10 Mitgliedern, bei Sachen, deren Entscheidung der Bürgerschaft allein 
zusteht, von 5 Mitgliedern (Brem. Verf. § 67 a; Gesch. O. § 44, 45, 35; Lüb. Verf. 
Art. 44; Gesch. O. § 50, 51, 37). 
Eingaben dritter Personen gelangen nicht zur Verhandlung, wenn nicht An- 
träge von Mitgliedern daran geknüpft werden; schriftliche, mit Unterschrift versehene 
Eingaben werden ihrem Gegenstande nach bekannt gegeben (Brem. Gesch.O. J 65 f; 
Lüb. Gesch.O. § 91 f.). · 
8. Bei der Beratung erteilt der Präsident das Wort 2); den Senatskom- 
missaren ist es jederzeit bis zum Schlusse der Debatte zu erteilen (Brem. G. die 
Bürg. betr. § 21; Gesch. O. § 42 Abs. 5; Lüb. Gesch. O. & 29). Bei Vorlagen, die 
aus mehreren selbständigen Bestimmungen bestehen, findet zunächst eine General- 
diskussion über die ganze Vorlage statt und dann, falls nicht ein entgegenstehender 
Beschluß gefaßt ist, die Spezialdebatte (Brem. Gesch.O. § 46; Lüb. Gesch.O. § 36). 
Eine zweite Lesung ist in Bremen nicht vorgeschrieben, kann aber beschlossen 
werden (Gesch. O. § 46 Abs. 2 und 4; über mehrfache Lesungen bei Verfassungs- 
änderungen unten § 49 II). In Lübeck muüssen jetzt alle Anträge des Senates 
an die Bürgerschaft, sowie alle Anträge der Bürgerschaft, die an den Senat gelangen 
sollen, und in Sachen, über die die Bürgerschaft ohne Mitwirkung des Senats ent- 
scheidet, vor der Annahme einer zweimaligen Beratung und Abstimmung unter- 
zogen werden, wenn nicht bei der ersten Abstimmung sich zwei Drittel der an ihr 
teilnehmenden Mitglieder dafür erklärt haben; Anträge auf Verfassungsänderung 
bedürfen stets der zweiten Lesung; bei Budgetberatungen dagegen findet eine solche 
nicht statt. Die zweite Lesung darf nicht an demselben Tage stattfinden wie die erste . 
9. Zur Abstimmung hat der Präsident — Wortführer — die Anträge in 
der in der Geschäftsordnung bestimmten Weise zu ordnen. Die Abstimmung geschieht 
1) Lüb. Verf. Art. 46; Gesch. O. § 47. Die Bestimmung, deren die Befugnisse der Bürgerschaft 
wesentlich einschränkende Bedeutung jetzt aber durch die Einführung der 2. Lesung (unten Z. 8) 
abgeschwächt ist, findet sich schon in der Verf. v. 1848 (vgl. auch Verf.-Verh. 1817, S. 44). Mit 
Zustimmung des Senatskommissars ist eine Vertagung zulässig. — In Bremen muß das Bürger- 
eut bet Feststellung der Tagesordnung die Mitteilungen des Senats in der Regel voranstellen 
(Gesch. O. 34). 
2) Der Präsident nimmt an der Debatte nicht teil; sonst hat er den Vorsitz so lange abzugeben. 
In Bremen stimmt er auch nicht mit ab (Brem. Gesch.O. § 40, 52; Lüb. Gesch. O. § 3). 
3) Lüb. Verf. Art. 46 in der Fassung des Ges. v. 23. April 1913 (S. 70); Gesch. O. 3 48. Nimmt 
die Bürg. einen Senatsantrag mit Abänderungen an und ist der Senat diesen nicht durchweg 
beigetreten, so bedarf die Vorlage bei der wiederholten Beratung keiner 2. Lesung. Diese erübrigt 
sich auch, wenn die Bürg. einen Antrag nach der 1. Lesung ablehnt. Die 2. Lesung wurde nach 
längeren Verhandlungen, bei denen der Senat sich erst unter Berufung auf die vorbereitende 
Tätigkeit des Bürgerausschusses ablehnend verhielt, eingeführt. Die Bestimmungen entsprechen 
denen der Hamb. Verf. Art. 68 (Lüb. Verh. 1911 D. N. XXIV: Ber. der K. des Bürgerausschusses; 
1912, S. 463: Senatsantrag).
	        
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