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durch Aufstehen und Sitzenbleiben; bei Zweifeln findet in Bremen namentliche Ab-
stimmung, in Lübeck Zählung der Stimmen statt. Eine namentliche Abstimmung
muß ferner erfolgen, wenn in Bremen vor Beginn der Abstimmung von 30, in Lübeck
vor Schluß der Beratung von 20 Mitgliedern darauf angetragen wird (Brem. Gesch.O.
8 50; Lüb. Verf. Art. 43; Gesch.O. § 68).
10. Die von der Bürgerschaft vorzunehmenden Wahlen werden in Bremen
nur zum Teil — so die Wahl des Geschäftsvorstandes, der Wahlmänner für die Richter-
wahl — von der Bürgerschaft im ganzen, im übrigen von den Vertretern nach den
Wahlklassen, von denen sie gewählt sind, gesondert vorgenommen. Dieser Wahl-
modus gilt insbesondere für Wahlen in Ausschüsse — Deputationen und Kommis-
sionen — und in das Bürgeramt; er hat zur Folge, daß auch in diesen die Interessen
der einzelnen Klassen ihre Vertretung finden 1). In Lübeck greift eine solche Son-
derung nach Wahlklassen nicht Platz. (Näheres über Wahlen Lüb. Gesch. O. 973—77.)
11. Ueber die Verhandlungen der Bürgerschaft wird ein Protokoll auf-
genommen, das im wesentlichen nur die Anträge und Beschlüsse enthält (Brem.
Gesch. O. § 55; Lüb. Verf. Art. 47, 49; Gesch.O. § 11, 20). In Lübeck wird es am
Schlusse der Sitzung verlesen und „festgestellt“", auch durch den Druck veröffentlicht
(unten §& 24 Z. 2). In Bremen werden ferner unter Leitung des Bürgeramts ste-
nographische Berichte über die Verhandlungen der Bürgerschaft ver-
öffentlicht; in Lübeck haben die stenographischen Berichte keinen amtlichen Charakter 2).
12. Die Ausschüsse der Bürgerschaft — in Bremen als „Kom-
missionen“ von den gemeinsamen Ausschüssen von Senat und Bürgerschaft, den
„Deputationen“, streng unterschieden — haben die Arbeiten für das Plenum vor-
zubereiten. Ihre Mitgliederzahl wird von der Bürgerschaft bestimmt. In der Regel
sind die Mitglieder der Bürgerschaft verpflichtet, die Wahl in einen Ausschuß anzu-
nehmen (Brem. Verf. § 53; Lüb. Gesch. O. 9 79; oben § 18 Z. 2 a). Die Sitzungen
der Ausschüsse sind nicht öffentlich. In Bremen sind die Kommissare des Senats
und die ihnen beigegebenen Personen berechtigt, an den Sitzungen teilzunehmen.
In Lübeck kann ein zur Begutachtung eines Senatsantrages eingesetzter Ausschuß zur
Auskunftserteilung eine Besprechung mit den Kommissaren des Senats verlangen 3).
§ 21. Bürgeramt und Bürgerausschuß. I. Allgemeines. Alle 3 Hanse-
städte besitzen als Zwischeninstanz zwischen Senat und Bürxgerschaft einen ständigen
Ausschuß der Bürgerschaft: Hamburg und Lübeck den Bürgerausschuß, Bremen das
Bürgeramt. Sie knüpfen damit geschichtlich an an Einrichtungen ihrer früheren
1) Brem. Ges. die Bürg. betr. § 17; Abs. 3 in der Fassung des Ges. v. 19. Jan. 1906 (S. 3).
Deputationsges. & 6; dort Näheres über die Zusammenfassung der Klassen. Das Bürgeramt leitet
die Wahlen; es hat in der Regel eimen Wahlaufsatz vorzulegen, der von der Bürgerschaft ergänzt
werden kann (Gesch. O. 56—59, 62; Deputationsges. 3 6, Abs. 4).
2) Brem. Gesch. O. § 27 f.; die Stenographen werden hier vom Bürgeramt angestellt. Of-
fizielle Geltung hat nur das Hauptprotokoll. — In Lübeck sind die stenograph. Verh. der Bürg.
seit 1864 in den „Lübeck. Blättern“ veröffentlicht; seit 1896 in einer besonderen Beilage.
3) Näheres: Brem. Ges. die Bürg. betr. 8 22; Gesch. O. 95 60—64. Lüb. Verf. Art. 46; Gesch.O.
* 78—90. Ein Recht vom Senat, von Verwaltungsbehörden oder Privatpersonen Auskunft zu
fordern, ist den Ausschüssen der Bürg. nicht gegeben. Nach der Lüb. Gesch.O. § 86 können sie
„das Urteil Sachkundiger“ einziehen. Ueber die Einziehung von Auskünften von auswärtigen Be-
hörden: Brem. Gesch. O. § 64, Abs. 2. Nach der Hamb. Verf. Art. 61 können die bürg. Ausschüsse
Auskunft vom Senat, von dem Chef einer Verwaltungsbehörde und in gleichem Umfang wie die
Verwaltungsbehörden von jedem Staatsangehörigen fordern.