Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

74 Die Organisation des Staates. 827 
partei ist der Staat oder der hinter ihr stehende Gemeindeverband. Durch welche 
Behörde der Staat in Prozessen vertreten wird, ist in Einzelfällen gesetzlich bestimmt; 
im übrigen wird er durch die Behörde vertreten, in deren Wirkungskreis das streitige 
Rechtsverhältnis fällt 1). 
II. Die Behörden gliedern sich in Gerichts= und Verwaltungsbehörden. Die 
Organisation der Gerichtsbehörden beruht auf Reichsgesetz, die der Verwaltungs- 
behörden auf Landesrecht. 
Die Verwaltungsorganisation in den Hanzestädten ist in mehr- 
facher Beziehung eine besondere. Die Kleinheit der staatlichen Verhältnisse bringt 
es mit sich, daß eine Gliederung in Zentralbehörden — Behörden der allgemeinen 
Landesverwaltung —, Mittel- und Unterbehörden fehlt. Zentral- und Lokalbehörden 
fallen zusammen, nur auf Einzelgebieten, so auf dem der Polizei in Bremen, bestehen 
Unterbehörden mit örtlich begrenztem Verwaltungsbezirk. Bei der mangelnden 
kommunalen Absonderung der Städte Bremen und Lübeck vom Staat ist weiter 
die Trennung von Staats= und Gemeindebehörden nicht durchgeführt; die ersteren 
besorgen zugleich die Gemeindeangelegenheiten beider Städte (unten § 40). 
Vornehmlich aber erhält die Verwaltungsorganisation der Hansestädte ihr charak- 
teristisches Gepräge durch die weitgehende Beteiligung der Bürger an der Verwal- 
tung. Während die Selbstverwaltung ein diesem Sinne 2) sonst in den 
Kommunalverbänden ihren Sitz hat, wird hier der größte Teil der Staatsverwaltung 
in der Form der Selbstverwaltung besorgt. An der Spitze aller Verwaltungszweige, 
soweit sie nicht dem Senat allein unterstehen, stehen aus Senatsmitgliedern und 
Bürgern gemischte Behörden. In Bremen ist diese Selbstverwaltung dem 
Grundbau der Verfassung organisch eingefügt; die Deputationen sind hier gemeinschaft- 
liche Ausschüsse von Senat und Bürgerschaft, und die Verwaltungsgebiete, auf denen 
die Bürger mitwirken, sind in der Verfassung selbst durch die Kompetenzabgrenzung 
zwischen Senat und Bürgerschaft festgelegt (loben § 5 II; § 23). In Lübeck setzt 
die Verfassung (Art. 51 Z. 1 und 72) die Mitwirkung der Bürger bei der Verwaltung 
als gegeben voraus, ohne im einzelnen die Verwaltungszweige, an denen sie be- 
teiligt sind, zu bestimmen. Das Nähere ergeben das Herkommen und Einzelgesetze. 
führt im Anschluß an eine Bemerkung in den Protokollen aus, daß die Parteifähigkeit der Behör- 
den in den Hansestädten fortbestehe. Allgemein besitzen sie solche keinenfalls. Streitig ist, ob nach 
dem Hamburger Verhältnisges. v. 1879 für den in § 24 Abs. 2 anerkannten Anspruch gegen 
die Verwaltungsbehörden diesen eine formelle Parteifähigkeit zukommt; doch wird auch dies neuer- 
dings verneint: HG . 1909, n. 73. Auch der §& 11 der Lüb. Ausf. V. zum GV G. v. 3. Febr. 1879 
spricht von dem Beschreiten des Rechtswegs „gegen eine Verwaltungsbehörde“, doch wird aus die- 
sem Ausdruck eine Parteifähigkeit der Behörde nicht abzuleiten sein. In Wirklichkeit ist der Staat 
Träger der Rechte und Pflichten und Prozeßpartei, wenn es früher auch üblich war, die Behörde 
als solche aufzuführen. — Ist eine Klage ungenau gegen eine Behörde statt gegen den Staat ge- 
richtet, so steht einer Berichtigung nichts im Wege: RG. in HG. 1908, n. 121. 
1) HG#Z. 1911, n. 122. In Hamburg hat die Finanzdeputation allgemein die Vertretung 
des Staates in vermögensrechtlichen Prozessen, soweit es an einer zuständigen besonderen Behörde 
fehlt (Ges. über die Organisation der Verwaltung v. 2. Nov. 1896, § 24, Z. 1 h); in Bremen und 
Lübeck existiert eine gleiche Bestimmung nicht. Eine besondere Bestimmung aber z. B. im Lüb. 
Ges. v. 17. Febr. 1912 über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten #6: Ver- 
tretung durch das Finanzdepartement. 
2) Ueber den Begriff der Selbstverwaltung: Laband, StR.“ I, S. 102, Anm. 4. Ueber 
ihre Entwicklung in Bremen und Lübeck und Bedeutung in den Hansestädten im allgemeinen 
auch oben S. 5, 6, 19.
	        
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