Anschauungen und Überzeugungen der Massen. 8/
$S 2. Die Wirkungsmittei der Führer: Behauptung,
Wiederholung, Übertragung.
Handelt es sich darum, eine Masse für den Augenblick mit-
zureißen und sie zu bestimmen, irgend eine Tat zu begehen,
etwa einen Palast zu plündern, sich zur Verteidigung eines
befestigten Platzes oder einer Barrikade töten zu lassen, so
muß man mittels rascher Suggestionen auf sie wirken, deren
stärkste das Beispiel ist. Dazu gehört aber, daß die Masse
schon durch gewisse Umstände vorbereitet ist und besonders,
daß derjenige, der sie fortreißen will, die Eigenschaft besitzt,
die ich weiter unten unter dem Namen des Prestige unter-
suchen werde.
Handelt es sich jedoch um das Einflößen von Ideen und
Glaubenssätzen in die Massenseelen, z. B. der modernen sozialen
Lehren, so gehen die Führer anders vor. Sie bedienen sich
hauptsächlich dreier sehr bestimmter Verfahrungsweisen: der
Behauptung, der Wiederholung und der Übertragung. Die
Wirkung derselben ist eine sehr langsame, aber ihre Folgen
sind dafür sehr dauerhaft.
Die reine, einfache, aller Vernünftelei und alles Beweises
bare Behauptung ist eines der sichersten Mittel, um der Massen-
seele eine Idee einzuflößen. Je bestimmter eine Behauptung,
je freier sie von allem Scheine von Beweisen und Demon-
strationen ist, desto autoritativer ist sie. Die religiösen Schrif-
ten und die Gesetzbücher aller Zeiten haben sich stets einfacher
Behauptungen bedient. Die Staatsmänner, die zur Verfechtung
einer politischen Angelegenheit berufen werden, die Indu-
striellen, die ihre Produkte durch Inserate verbreiten, kennen
den Wert der Behauptung.
Die Behauptung hat aber nur dann wirklichen Einfluß,
wenn sie ständig wiederholt wird, und zwar möglichst mit
denselben Worten. Ich glaube, es war Napoleon, der gesagt
hat, es gebe nur eine ernsthafte rhetorische Figur: die Wieder-
holung. Durch diese befestigt sich das Wiederholte so sehr