Full text: Psychologie der Massen.

114 Drittes Buch. 
Umstände, die allerdings ziemlich selten sind, Individuen ver- 
schiedener Nationalität in ungefähr gleichem Verhältnisse zu 
einer einzigen Masse vereinigen, mögen auch die den Vereini- 
gungspunkt darstellenden Interessen scheinbar noch so identisch 
sein. Die Versuche der Sozialisten, auf großen Kongressen 
Vertreter der Arbeiterbevölkerung aller Länder zu vereinigen, 
sind stets in heftige Streitigkeiten ausgelaufen. Eine lateinische 
Masse, so revolutionär oder konservativ sie auch gedacht werde, 
wird zur Erfüllung ihrer Forderungen sich stets an den Staat 
wenden. Sie ist stets zentralistisch und mehr oder minder 
monarchistisch. Eine englische oder amerikanische Masse hin- 
gegen weiß nichts vom Staat und appelliert nur an die private 
Initiative. Eine französische Masse hält vor allem viel auf 
Gleichheit, eine englische auf Freiheit. Eben diese Rassen- 
differenzen sind die Ursache, daß es fast ebenso viele Arten 
des Sozialismus und der Demokratie als Nationen gibt. 
Die Rassenseele beherrscht also völlig die Massenseele, 
Sie ist das mächtige Substrat, das ihre Schwingungen be- 
grenzt. Es kann als ein Grundgesetz gelten, daß die nie- 
deren Eigenschaften der Massen um so weniger akzen- 
tuiert sind, je stärker die Rassenseele ist. Die Regierung 
und Herrschaft der Massen bedeutet die Barbarei oder die 
Rückkehr zu ihr. Durch Erwerbung einer fest organisierten 
Seele allein entgeht die Rasse immer mehr der unbesonnenen 
Macht und kommt aus der Barbarei heraus. 
Außer der Rasse besteht die einzig bedeutsame Klassifika- 
tion der heterogenen Massen in der Unterscheidung derselben 
in anonyme (wie die Straßenansammlungen) und nicht anonyme 
Massen. Das Verantwortlichkeitsgefühl, welches den ersteren 
fehlt und bei den letzteren sich entwickelt zeigt, verleiht ihren 
Handlungen oft eine sehr verschiedene Richtung. 
$ 2. Homogene Massen. 
Die homogenen Massen umfassen 1. die Sekten, 2. die 
Kasten, 3. die Klassen.
	        
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