138 Drittes Buch.
Namen und Berühmtheit zu tun. Jules Simon gibt uns, wo
er über die großen Männer der Versammlung von. 1848 spricht,
recht interessante Beispiele dafür:
„Louis Napol&on war noch zwei Monate vor seiner Äll-
gewalt nichts.‘
„Victor Hugo bestieg die Rednerbühne — ohne Erfolg.
Er wurde, wie Felix Pyat, angehört, aber er hatte nicht den
gleichen Beifall. ‚Ich bin,‘ sagte mir Vaulabelle betreffs Felix
Pyat, ‚kein Freund seiner Ideen, aber er ist ein großer Schrift-
steller und der größte Redner Frankreichs.‘ Edgard Quinet,
dieser seltene und mächtige Geist, galt nichts. Vor der Ver-
sammlung hatte er seinen Moment der Popularität gehabt, in
der Versammlung hatte er keinen.“
„Die politischen Versammlungen sind jene Stätte, wo der
Glanz des Genies am wenigsten zur Geltung kommt. Man
schätzt hier nur eine der Zeit und dem Orte angemessene
Beredsamkeit und die nicht dem Vaterlande, sondern der Partei
erwiesenen Dienste. Damit Lamartine im Jahre 1848 und Thiers
1871 zur Anerkennung kamen, bedurfte es des Antriebes des
dringenden, unabweislichen Interesses. Als die Gefahr vor-
über war, war man mit der Furcht auch die Dankbarkeit los.‘
Ich habe die Stelle wegen der Tatsachen, die sie enthält,
nicht wegen der dort gelieferten Erklärungen angeführt; diese
sind von einer mittelmäßigen Psychologie. Eine Masse würde
ihren Massencharakter sogleich einbüßen, würde sie den Füh-
rern ihre Dienste, mögen diese nun dem Vaterlande oder der
Partei erwiesen worden sein, anrechnen. Die dem Führer fol-
gende Masse unterliegt dessen Prestige, ohne daß ein Gefühl
des Interesses oder der Dankbarkeit ins Spiel kommt.
Der mit einem hinlänglichen Prestige begabte Führer be-
sitzt denn auch eine fast unbeschränkte Gewalt. Bekannt ist
der riesige Einfluß, den, dank seinem Prestige, ein berühmter
Abgeordneter jahrelang besaß, der dann im Gefolge gewisser
finanzieller Vorkommnisse bei den letzten Wahlen unterlegen
ist. Auf ein bloßes Zeichen von ihm waren die Minister ge-