Anschauungen und Überzeugungen der Massen. 53
toren gewahren wir in allen großen Ereignissen der Geschichte.
So zählte, um nur eines der klarsten Beispiele herauszugreifen,
die französische Revolution zu ihren entfernten Faktoren die
Schriften der Philosophen, die Erpressungen des Adels, die Fort-
schritte des wissenschaftlichen Denkens. Die so vorbereitete
Massenseele wurde in der Folge mit Leichtigkeit durch unmittel-
bare Faktoren wie die Ansprachen der Redner und den Wider-
stand des Hofes gegenüber unbedeutenden Reformen aufgerüttelt.
Zu den mittelbaren Faktoren gehören allgemeine Faktoren,
die sich auf dem Grunde aller Anschauungen und Glaubens-
meinungen der Massen finden, nämlich die Rasse, die Tradition,
die Zeit, die Institutionen und die Erziehung.
Die Bedeutung dieser mannigfaltigen Faktoren wollen wir
nun untersuchen.
$S 1. Die Rasse.
Der Rassenfaktor muB an die erste Stelle gesetzt werden,
denn er überragt alle anderen beträchtlich an Bedeutung. Da
wir ihn in einer anderen Schrift genügend untersucht haben,
brauchen wir hier nicht auf ihn zurückzukommen. Wir haben
in jener Schrift gezeigt, was eine historische Rasse ist, und
wie sie, nachdem ihre Charaktermerkmale sich einmal gebildet
haben, vermöge des Vererbungsgesetzes eine solche Macht
besitzt, daß ihre Glaubenssätze, ihre Institutionen, ihre Kunst,
kurz, alle ihre Kulturelemente nur den äußeren Ausdruck für
ihre Seelen bilden. Wir haben dargetan, daß die Kraft der
Rasse so groß ist, daß kein Element von einem Volke zum
andern übergehen kann, ohne die tiefstgehenden Umwandlungen
zu erfahren!). Das Milieu, die Umstände, die Ereignisse stellen
1) Da diese Lehre noch sehr neu und ohne sie die Geschichte
völlig unbegreiflich ist, so habe ich ihrer Darlegung mehrere Kapitel
meines Werkes „Die psychologischen Gesetze der Völkerentwicklung‘
gewidmet. Der Leser wird daraus ersehen, daß trotz täuschenden
Scheines weder die Sprache, noch die Kunst, noch ein Kulturelement
überhaupt von einem Volke zum anderen unverändert übergehen kann.