Full text: Psychologie der Massen.

68 Zweites Buch. 
betreffs des zunehmenden Mißverhätnisses zwischen unserer 
Erziehung und dem Leben: 
„Auf den drei Stufen der Erziehung für die Kindheit, das 
Knaben- und Jünglingsalter ıst die theoretische Vorbereitung 
auf der Schulbank und aus Büchern verlängert und überhäuft 
worden, im Hinblick auf das Examen, den Grad, das Diplom 
und das Patent und durch die schlechten Mittel, die Anwen- 
dung einer widernatürlichen und antisozialen Methode, die 
übermäßige Hinausschiebung der praktischen Lehre, durch das 
Internat, die künstliche Begeisterung und die mechanische An- 
wendung, durch die Überarbeitung ohne Berücksichtigung der 
Zukunft, des Mannesalters und der Mannesarbeit, mit Vernach- 
lässigung der realen Welt, in der der junge Mensch bald leben 
wird, der ihn umschließBenden Gesellschaft, der er sich an- 
passen muß, will er nicht von vornherein auf alles verzichten, 
des menschlichen Daseinskampfes, für den er zur Verteidi- 
gung und Aufrechterhaltung vorläufig gerüstet, gewappnet, 
geübt, abgehärtet sein muß. Diese unentbehrliche Ausrüstung, 
dieser Erwerb, der wichtiger ist als jeder andere, diese Tüchtig- 
keit des gesunden Menschenverstandes, des Willens und der 
Nerven: in unseren Schulen werden sie nicht gewonnen. Im 
Gegenteil, statt den Menschen zu qualifizieren, machen sie ihn 
untauglich für seine künftige, definitive Stellung. Nach dem 
Austritt aus der Schule sind sein Eintritt in die Welt und 
seine ersten Schritte auf dem Felde des praktischen Wirkens 
sehr oft nur eine Reihe schmerzlicher Niederlagen, von denen 
er verwundet und für eine lange Zeit zermürbt, verkrüppelt 
zurückbleibt. Es ist eine harte und gefährliche Probe, bei der das 
geistige und sittliche Gleichgewicht erschüttert wird und Gefahr 
läuft, nicht wieder hergestellt zu werden. Die Täuschung ist 
da zu jäh und zu vollkommen; die Enttäuschung war zu stark 
und der Ekel zu groß‘ }). 
  
1) Taine, Le regime moderne Il, 1894. — Es sind dies ziemlich 
die letzten Seiten, die Taine geschrieben. Sie resümieren wunderbar 
die Ergebnisse der langen Erfahrung des großen Denkers. Leider halte
	        
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