86 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
Auch bei der grundsätzhhen Geltung des öffentlichen Betriebs kann
der Fall eintreten. daß die öffentliche Gewalt nicht gewillt oder nicht
imstande ist, einen bestimmten neuen Verkehrsweg, der sich als not-
wendig erweist, zu schaffen. In solchen Fällen ist es zweckmäßig, die
Erwerbsunternehmung nicht auszuschlieben, wenn sie in die Lücke ein-
springen will. Denn andernfalls würde ein vorhandenes Verkehrs-
bedürfnis unbefriedigt bleiben. Auch ist es unter der bezeichneten Vor-
aussetzung angezeigt, nicht durch übertriehene Anforderungen die Be-
tätigung der Erwerbsunternehmung zu lähmen. Nur muh die öffentliche
Gewalt Vorkehrungen treffen, daß die in Frage kommenden Verkehrs-
bedürfnisse auch wirklich in zulänglicher Weise befriedigt werden.
Handelt es sich um eine Linic. die zweckmähiger dem öffentlichen Netze
einzuverleiben ist, so muß die Genehmigung nur auf Zeit und unter
Ausbedingung des späteren Heimfalls an die öffentliche Gewalt erteilt
werden.
Zweckmähig ist es, daß die Aufgaben der verschiedenen Stufen der
öffentlichen Gewalt in bezug auf das Verkehrswssen klar und bestimmt
gegeneinander abgegrenzt sind. Die notwendige Fortentwickelung des
Verkehrswesens kann nur darunter leiden, wenn erst schwierige und
zeitraubende Auseinandersetzungen darüber nötig sind, welche Stelle über-
haupt als berufen erscheint.
Weiter ist es dringend geboten, dab die verschiedenen öffentlichen
Stellen sich so vicl als möglich gegenseitig ihre Wirksamkeit erleichtern.
Insbesondere muß der Staat darauf achten, daß den Selbstverwaltungs-
körpern, soweit sie sich bei den ihnen zufallenden Verkehrsaufgaben
betätigen wollen, die erforderliche Genehmigung erteilt wird ohne
störende Verzögerung und ohne Erschwerung durch Anforderungen, die
über den vorliegenden Verkehrszweck hinausgehen.
Daß Verkehrseinrichtungen, die lediglich dem Dienste einer be-
stimmten Sonderwirtschaft gewidmet sind, nicht in den Umkreis des
öffentlichen Betriebs gehören, versteht sich von selbst. Derartige Ein-
richtungen sind — abgesehen von den in Frage kommenden polizeilichen
Rücksichten — freizugeben und erfordern nur insoweit ein gröheres Ein-
greifen der öffentlichen Gewalt, als sie unmittelbar an die öffentlichen
Verkehrseinrichtungen angeschlossen werden sollen (z. B. Anschluhßgleise).
8 33. Die Trsiige /7! Schurdihen des öffentlichen Betriebs des
—«Terkehrscesens. Nach den vorhergehenden Erörterungen erfordert das
Verkehrswesen ein weitgehendes Eingreifen der öffentlichen Gewalt, und
an Sich erscheint die öffentliche Gewalt berufen, Verkehrsalleinrechte,
die durch die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse bedingt sind, selbst in die
Hand zu nehmen. Diese grundsätzliche Stellungnahme enthebt nicht
der Pflicht, zu prüfen. welche günstigen und ungünstigen Eigen-
tümlichkeiten der öffentliche Betrich des Verkehrswesens zeigt oder