Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

86 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Auch bei der grundsätzhhen Geltung des öffentlichen Betriebs kann 
der Fall eintreten. daß die öffentliche Gewalt nicht gewillt oder nicht 
imstande ist, einen bestimmten neuen Verkehrsweg, der sich als not- 
wendig erweist, zu schaffen. In solchen Fällen ist es zweckmäßig, die 
Erwerbsunternehmung nicht auszuschlieben, wenn sie in die Lücke ein- 
springen will. Denn andernfalls würde ein vorhandenes Verkehrs- 
bedürfnis unbefriedigt bleiben. Auch ist es unter der bezeichneten Vor- 
aussetzung angezeigt, nicht durch übertriehene Anforderungen die Be- 
tätigung der Erwerbsunternehmung zu lähmen. Nur muh die öffentliche 
Gewalt Vorkehrungen treffen, daß die in Frage kommenden Verkehrs- 
bedürfnisse auch wirklich in zulänglicher Weise befriedigt werden. 
Handelt es sich um eine Linic. die zweckmähiger dem öffentlichen Netze 
einzuverleiben ist, so muß die Genehmigung nur auf Zeit und unter 
Ausbedingung des späteren Heimfalls an die öffentliche Gewalt erteilt 
werden. 
Zweckmähig ist es, daß die Aufgaben der verschiedenen Stufen der 
öffentlichen Gewalt in bezug auf das Verkehrswssen klar und bestimmt 
gegeneinander abgegrenzt sind. Die notwendige Fortentwickelung des 
Verkehrswesens kann nur darunter leiden, wenn erst schwierige und 
zeitraubende Auseinandersetzungen darüber nötig sind, welche Stelle über- 
haupt als berufen erscheint. 
Weiter ist es dringend geboten, dab die verschiedenen öffentlichen 
Stellen sich so vicl als möglich gegenseitig ihre Wirksamkeit erleichtern. 
Insbesondere muß der Staat darauf achten, daß den Selbstverwaltungs- 
körpern, soweit sie sich bei den ihnen zufallenden Verkehrsaufgaben 
betätigen wollen, die erforderliche Genehmigung erteilt wird ohne 
störende Verzögerung und ohne Erschwerung durch Anforderungen, die 
über den vorliegenden Verkehrszweck hinausgehen. 
Daß Verkehrseinrichtungen, die lediglich dem Dienste einer be- 
stimmten Sonderwirtschaft gewidmet sind, nicht in den Umkreis des 
öffentlichen Betriebs gehören, versteht sich von selbst. Derartige Ein- 
richtungen sind — abgesehen von den in Frage kommenden polizeilichen 
Rücksichten — freizugeben und erfordern nur insoweit ein gröheres Ein- 
greifen der öffentlichen Gewalt, als sie unmittelbar an die öffentlichen 
Verkehrseinrichtungen angeschlossen werden sollen (z. B. Anschluhßgleise). 
8 33. Die Trsiige /7! Schurdihen des öffentlichen Betriebs des 
—«Terkehrscesens. Nach den vorhergehenden Erörterungen erfordert das 
Verkehrswesen ein weitgehendes Eingreifen der öffentlichen Gewalt, und 
an Sich erscheint die öffentliche Gewalt berufen, Verkehrsalleinrechte, 
die durch die volkswirtschaftlichen Bedürfnisse bedingt sind, selbst in die 
Hand zu nehmen. Diese grundsätzliche Stellungnahme enthebt nicht 
der Pflicht, zu prüfen. welche günstigen und ungünstigen Eigen- 
tümlichkeiten der öffentliche Betrich des Verkehrswesens zeigt oder
	        
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