Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

90 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
der Natur der Erwerbsgesellschaft, und man kann solche Erwerbsgesell- 
schaften auch nicht von Staatswegen erzwingen. Die allseitige Ver- 
zweigung des Netzes erfordert aber den Ausbau auch der wenig oder 
Keinen Ertrag bringenden Linien, und die Opfer, die dabei nötig werden, 
kann und wird unter regelmäßigen Verhältnissen nur die Gesamtheit 
bringen. An sich ist deshalb die Verwaltung der Verkehrsmittel durch 
die öffentliche Gewalt am ehesten imstande, die allseitige planmähige 
Verzweigung zu sichern. 
Dabei ist es möglich, daß der Staat oder die anderen Stufen der 
öffentlichen Gewalt das Netz entweder übermähig ausdehnen, weil sie 
sich den an sie gestellten Anforderungen nicht entziehen künnen, 
um Bevorzugungen oder Vernachlässigungen zu vermeiden, oder dab 
Sie das Netz zu wenig entwickeln, weil sie zu einseitig auf Reinerträge 
zugunsten der Staatskasse hinarbeiten. Beides gehört aber nicht zum 
Wesen der öffentlichen Verwaltung. Sie braucht (und soll) den Erwerbs- 
gedanken nicht uneingeschränkt zur Geltung bringen, wie später noch 
zu entwickeln ist, aber sie kann und soll sich auch unberechtigten An- 
forderungen entgegenstellen. Eine übermähige Ausdehnung des Ver- 
kehrsnetzes liegt übrigens bei dem fortdauernd wachsenden Umfange 
des Verkehrsbedürfnisses in sehr weiter Ferne. 
Wichtiger ist die Gefahr, daß die Sonderbedürfnisse einzelner 
Gebiete in der Volksvertretung von den beteiligten Abgeordneten mit 
mehr Erfolg vertreten und durchgesetzt werden können, als der gleich- 
mäßigen und rechtzeitigen Versorgung aller Landesteile mit leistungs- 
fähigen Verkehrsanlagen dienlich ist. Solche Vorkommnisse gehören 
aber wiederum nicht zum Wesen der öffentlichen Verwaltung und können 
und sollen vermieden werden. 
Eine gut geleitete öffentliche Verwaltung verbürgt nach allem den 
pblanmäßigen Ausbau eines allseitig verzweigten Netzes jedenfalls eher 
als die Erwerbsgesellschaften. In bezug auf Billigkeit und Zuverlässig- 
keit der gel-sauten Wege hat die öffentliche Verwaltung in Deutschland 
und anderen Ländern ihre Ebenbürtigkeit gegenüber der Erwerbsgesell- 
schaft und diese gegenüber der öffentlichen Verwaltung so oft erwiesen, 
daß eine allgemeine Uberlegenbeit aus inneren Gründen keiner Gruppe 
zugesprochen werden kann. 
Die oft vertretene Behauptung, dab die Erwerbsgesellschaft den 
Betrieb aus inneren Gründen an und für sich billiger durchführen könne, 
als die öffentliche Gewalt, beruht auf der Ubertragung der Vorzüge der 
Einzelunternehmung auf die Aktiengesellschaft. Eine solche Ubertragung 
ist aber unzulässig, da der Gegensatz zwischen Einzelbetrieb und grohem 
Aktienbetrieb, wie schon gezeigt, in der Regel nicht geringer ist, als 
zwischen Einzelbetrieb und öffentlichem Betrieb. 
Als ein unbestrittener Vorzug der voll durchgeführten öffentlichen
	        
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