Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 93 
mit einer groben Zahl von Verwaltungen, sondern nur mit einer darüber 
zu verhandeln sei. Allerdings kann auch ohne volle Verstaatlichung 
die Verwertung der Eisenbahnen für Kriegszwecke gesichert werden, 
falls sich die Regierung von vornherein die nötigen Machtbefugnisse 
vorbehalten und im voraus die erforderlichen Anweisungen und Anord- 
nungen erlassen hat. Ist das nicht geschehen, so sind unter Umständen 
ernste Schwierigkeiten möglich, und äuberstenfalls könnte es geboten 
sein, während des Krieges oder für einen gewissen Teil der Kriegszeit 
den Erwerbsgesellschaften die Verwaltung ihrer Bahnen ganz aus der 
Hand zu nehmen. Das würde aber ohne sachliche Schwierigkeiten nur 
dann durchführbar sein, wenn der Staat ohnebin diesen Zweig des 
Verkehrswesens in umfassender Weise selbst betreibt, also geschulte Kräfte 
zur Durchfübrung und Leitung des Betriebs zur Verfügung hat. 
Die dem Staate gehörenden Verkehrsmittel mit ihrer Ausrüstung 
können natürlich unter Umständen vom Feinde erbeutet oder 2zerstört 
werden. Aber diese Gefahr besteht für alles Staatseigentum, und der 
Schaden, der durch dessen Zerstörung entsteht, dürfte im Vergleich zu 
dem angelegten Kapital gerade bei den Verkehrsanstalten nur in Aus- 
nahmefällen verhältnismäßig größer sein, als bei anderem Staatseigen- 
tume. Denn von dem über das ganze Land bin verzweigten Ver- 
kehrsnetze können doch nur diejenigen Teile vernichtet werden, die im 
Machtbereiche des Feindes liegen. Das ganze Verkehrsnetz in diesen 
Machtbereich zu bringen, ist nur bei vollständiger Eroberung des Landes 
möglich. Uberdies kann der eindringende Feind auch seinerseits die 
vorhandenen Verkehrsmittel für seine Zwecke verwerten, wird also nur 
das zerstören, was entgegengesetzte Zwecke zu fördern geeignet ist. Der 
volkswirtschaftliche Schaden, der durch teilweise Zerstörung der Ver- 
kehrsmittel entsteht, ist freilich sehr empfindlich; aber er entstebt auch, 
wenn das Verkehrsnetz sich in den Händen von Erwerbsgesellschaften 
befindet, da deren Eigentum, wenn es die kriegerische Lage erfordert, 
von Feind und Freund ebensowenig geschont werden kann, wie das 
Staatseigentum. Dab den Privatgesellschaften beim Friedensschlusse eine 
Entschädigung gewährt, also wenigstens der finanzielle Schaden ver- 
mindert wird, ist nicht immer zu erwarten, und wo es geschieht, da 
wird die Entschädigung in der Regel vom besiegten Lande aufzubringen 
sein, so dab für dessen Volkswirtschaft noch eine finanzielle Belastung 
zu dem erlittenen Schaden hinzukommt. Glücklicherweise ist der Krieg 
ein Ausnahmezustand. Wegen solcher Ausnahmezustände die Ubernahme 
des Verkehrswesens in die öffentliche Verwaltung zu unterlassen, wenn 
dieser Schritt sonst nach Lage der Verhältnisse angezeigt scheint, dürfte 
keinesfalls zu rechtfertigen sein. 
Die Durchführung dieses Schrittes verstärkt die Macht und den 
Einfluß der Regierung in hohem Maße. Darin sind Gegner und Freunde
	        
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