4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 99
schaftlichster Weise zu ermöglichen, Ungleichheiten zu beseitigen, den
Verkehr zu erleichtern. Dem steht es entgegen, wenn die Befriedigung
eines so allgemeinen Bedürfnisses in der Hand der öffentlichen Ge-
walt unter Ausschliebung des Wettbewerbes nur zu dem Zwecke
zusammengefaßt wird, so viel Uberschüsse als möglich herauszuwirt-
schaften. Das wäre nur eine übertriebene Form für die Besteuerung
des ganzen Verkehrs, würde also voraussetzen, daß die öffentliche Ver-
waltung der Verkehrsmittel ausschlieblich als ein Weg, die auf die
Verkehrsleistungen angewiesenen Kreise in ausgiebiger Weise zu besteuern,
gehandbabt wird. Man kann sich einen Zustand der öffentlichen Ein-
nahmewirtschaft denken, bei dem ein solches Vorgehen trotz aller Be-
denken als letzter Ausweg aus sonst verhängnisvollen Schwierigkeiten
gutgeheißen werden mühbßte. Aber in regelmähigen Verhältnissen muß
eine solche Uberspannung des Gewinnstrebens grundsätzlich abgelehnt
werden. Wenn auch ein ansehnlicher Teil der Verkehrsleistungen den
besser gestellten Kreisen unmittelbar zugute kommt, so ist es dorh am
letatten Ende die breite Schicht der wirtschaftlich Schwächeren, die mit
einer Uberspannung des Gewinustrebens nicht einverstanden sein kann.
Gerade diese Kreise sind darauf angewiesen, daß die Verwaltung des.
Verkebrswesens das wirtschaftliche Leben befruchtet und fördert und da-
durch die Arbeits- und Erwerbsgelegenheiten für die breiten Volksschichten
vermehrt und verbessert und ibren Verbrauch erleichtert. Da tat-
sächlich das ganze heutige Wirtschaftsleben in Erwerb und Verbrauch
von Verkehfsleistungen durchsetzt ist, müssen die Verkehrsaufgaben so
gelöst werden, daß sie die Daseinsgrundlagen der Masse des Volkes
nicht nur nicht erschweren, sondern ihnen förderlich sind. Damit soll
nur die Ubertreibung des Gewinnstrebens abgelehnt werden, nicht aber
die Erzielung von Reinerträgen der öffentlichen Verkehrsverwaltung
überhaupt. In verständigem Ausmabe sind solche Reinerträge nicht zu
beanstanden, ja wünschenswert. Das gilt zunächst für solche Zeiten,
in denen nur erst ein Teil des Landes mit vervollkommneten Verkehrs-
mitteln versehen ist. In solchen Fällen müssen die begünstigten Teile
einen Reingewinn aufbringen, aus dem dann auch die anderen Teile
nach und nach in das verbesserte Verkehrsnetz hineingezogen werden
können. Dieser Gesichtspunkt wird namentlich in den ersten Zeiten in
den Vordergrund treten; nach weitgehendem Ausbau des Verkehrsnetzes
verliert er an Bedeutung, wird aber nicht ganz verschwinden können,
da Ergänzungen auch weit ausgebauter Netze in aufstrebenden Volks-
wirtschaften immer nötig sein werden. Je mehr aber dieser Gesichts-
punkt zurücktritt, desto mehr schiebt sich ein anderer als entscheidend
in den Vordergrund. Das Verkehrswesen der öffentlichen Gewalt stellt
einen großen und mit wachsender Verkehrsdichte stark steigenden Ver-
mögensposten der öffentlichen Wirtschaftsfübrung dar. Diesen Posten
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