Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkebrswesen. 103 
Die Anwendung dieses Grundsatzes auf Eisenbahnen, Posten und 
elektrischen Nachrichtenverkehr, gegebenenfalls auch auf den Schbiffahrts- 
verkehr des Staates ist das mindeste, was vom Standpunkte der üöffent- 
lichen Wirtschaftsführung verlangt werden muß, um die grobßen Ver- 
mögensmassen, die im Verkehrswesen angelegt sind, zu verwerten. Daß 
man sich damit begnügen, also auf jeden Ertrag über die Eigenkosten 
hinaus verzichten soll, wird sich nur upter gewissen Umständen befür- 
worten lassen für solche Verkehrsarten, bei denen zugunsten des 
öffentlichen Betriebs die private Betätigung rechtlich oder tatsächlich so 
weit ausgeschlossen ist, daß für die Bevölkerung die Notwendigkeit ent- 
steht, sich der staatlichen Verkehrsveranstaltungen zu bedienen. Wenn 
das Verkehrsnetz schon vollständig ausgebaut und so reich verzweigt 
ist, dabß allen Teilen des Landes die Vorteile des verbesserten Verkehrs 
ganz oder nahezu gleichmäbig zuflieben, wenn auf wesentliche tech- 
nische Umgestaltungen nicht mehr zu rechnen ist, und wenn im übrigen 
die Einnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Besteuerung notwendiger 
Bedarfsgegenstände der breiten Volksschichten und überhaupt ohne nach- 
teilige Belastung des Wirtschaftslebens so reichlich flieben, daß es der 
Uberschüsse aus dem Verkehrswesen nicht mehr bedarf, dann wäre der 
Grundsatz der vollen Eigenkostendeckung in strengem Sinne zu vertreten. 
In aufwärts strebenden Volkswirtschaften wird eine völlige Sättigung 
mit Verkehrsanlagen nicht zu finden sein, und ebensowenig ist auf einen 
wirklichen Beharrungszustand der Verkehrstechnik zu rechnen. Solange 
in beiden Beziehungen noch wichtige Ergänzungen und Neuerungen 
nötig sind, und solange die hierzu nötigen Kapitalien oder, falls sie durch 
Anleihen gedeckt werden, die nötigen Zinsen- und Tilgungsbeträge aus 
den allgemeinen Staatsmitteln ohne fühlbare Belastung der breiten Volks- 
schichten nicht beschafft werden können, mübte es in der Regel als 
voreilig angesehen werden, dem Verkehr die Aufbringung der zu seiner 
eigenen Ergänzung und Verbesserung nötigen Beträge abzunehmen, so 
lange kann man also nicht grundsätzlich auf Reingewinn verzichten. 
Ubrigens liebe sich der grundsätzliche Verzicht auf Reingewinn nicht 
streng durchführen, da die öffentliche Gewalt nicht sofort noch billiger 
beförden kann, wenn einmal infolge stärkeren Verkehrs oder aus anderen 
Gründen ein Reingewinn verblieben ist. Das würde zu fortwährenden 
Schwankungen führen und sich schon deshalb nicht empfehlen. Uberdies 
folgen sich auch im Verkehrswesen fette und magere Jahre, und es ist nur 
nützlich, wenn die Ausfälle der letzteren durch Uberschüsse der ersteren 
ausgeglichen werden können. Der wünschenswerteste Zustand wäre es, 
wenn die Uberschüsse aus dem öffentlichen Verkehrswesen wieder zur 
Förderung, Verbesserung und Vervollkommnung des Verkehrswesens 
Selbst und zur schnelleren Tilgung des Anlagekapitals verwendet würden. 
Aber man wird solche Uberschüsse auch dann nicht grundsätzlich be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.