104 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
anstanden dürfen, wenn sie angesichts der Gesamtlage der öffentlichen
Finanzwirtschaft zum Teil auch zu allgemeinen, das Verkehrswesen
nicht betreffenden Ausgaben verwendet werden. Allerdings entstehen
in letzterem Falle gewisse Bedenken. Leicht kann der allgemeine Staats-
haushalt dadurch in zu grobe Abhängigkeit von den Verkehrseinnahmen
kommen. Besondere Vorkehbrungen gegen die daraus entspringenden
Nachteile sind deshalb geboten.
Im übrigen kann es sich immer Dnur um Reinerträge handeln, die
einen mäßigen Gewinn aus dem Anlagekapitale bringen. Die Erzielung
möglichst hoher Reingewinne überhaupt kann bei Verkehrsmitteln der
besprochenen Art nicht die oberste Richtschnur der öffentlichen Ver-
waltung sein. Höher als die Steigerung der Reinerträge muß ibr immer
die Rücksicht auf die Befruchtung und Förderung der wirtschaftlichen
Erwerbsarbeit des Volkes stehen, die stets die wichtigste und dauer-
hafteste Grundlage des Gedeihens und der Steuerkraft ist. Die toten
Kosten der Erwerbsarbeit, zu denen ihre Verkehrsaufwendungen gehören,
dürfen nicht durch Festhalten an hohen Reinerträgen, durch Unterlassung
oder Verzögerung notwendiger Verbesserungen und Ergänzungen des
Verkehrswesens u. dgl. so hoch gesteigert werden, dal im inneren
wirtschaftlichen Leben Hemmungen und gegenüber dem fremden Wett-
bewerb im In- und Auslande Erschwerungen erwachsen. Dabß vollends
in auhergewöhnlichen Zeiten die öffentliche Verkehrsverwaltung auch
vor groben Opfern nicht zurückscheuen darf, wenn das Gesamtwohl sie
erfordert, versteht sich von selbst. Der Reingewinn der öffentlichen
Verkehrsverwaltung ist in jedem Falle nicht Selbstzweck, sondern Mittel
zum Zwecke der Erfüllung der Aufgaben, die das Gesamtwohl erfordert.
5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen.
81. Einfliasi des Mettbeierbes auf die Preisbildiend. Die Preise
der einzelnen Verkehrsleistungen sind naturgemäß auf Verkehrswegen,
auf denen ein freier Wettbewerb der Unternehmer stattfindet, als Wett-
bewerbspreise anzuschen. Auf Landstraßben und Wasserwegen liegt dieser
Fall vor. Auf der Seite der „Verkäufer“ werben auf diesen Linien die
verschiedenen Verkehrsunternehmer miteinander, auf der Seite der „Käufer“
die verschiedenen Personen, welche die Verkehrsleistungen beanspruchen.
Die Bedürfnisse beider Teile laufen wie bei jeder Preisbildung auch hier
auseinander, weil jeder das für ihn günstigste anstrebt. Der Verkehrs-
unternehmer erstrebt in der Regel, wenn nicht besondere Umstände ihn in
eine andere Richtung drängen, einen hohen, der Versender einen nied-
rigen Preis. Auch hier kann der Preis dauernd gewisse Grenzen bei
seinem Ausschlagen nach oben und nach unten nicht überschreiten.
Die Nutzensbewertung seitens der Versender in Verbindung mit ihrer