5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 113
bewegt sich aber nur insoweit in gleicher Richtung, als die Verbilligung
infolge einer entsprechend besseren Ausnutzung der Betriebsmittel durch
gesteigerten Verkehr einen höheren Gesamtgewinn in Aussicht stellt.
Bei Erwerbsgesellschaften, die den Verkehr oder wichtige Teile davon
beherrschen, trifft das zuletzt gesagte ebenfalls zu; sie werden aber
gegebenenfalls durch die öffentliche Gewalt genötigt, andere Rück-
sichten walten zu lassen. Offentliche Unternehmungen, die in erster
Linie möglichst hohe Reinerträge erzielen wollen, folgen an sich den-
selben Grundsätzen, wie die bezeichneten Gesellschaften, können sich
aber dem Drucke der öffentlichen Meinung nicht immer entziehen. Je
weniger die öffentliche Unternehmung auf möglichst hohe Reinerträge
bedacht ist, je mehr sie sich also mit mäßigen Uberschüssen oder wenn
sie sich mit der bloßen Eigenkostendeckung begnügt, desto mehr kann
und desto williger wird sie in der Höhe der Preise den allgemcinen
Bedürfnissen Rechnung tragen. Sie wird aber gerade mit Rücksicht auf
diese allgemeinen Bedürfnisse solchen Anforderungen Widerstand leisten
müssen, die nur durch dauernden Verzicht auf die Deckung der eigenen
Kosten oder auf die Erzielung eines nach den Wirtschaftsverhältnissen
angemessenen mäbßigen Reinertrags, d. h. nur durch dauernde Mehr-
belastung entweder anderer Gruppen der Beteiligten oder der ganzen
Bevölkerung erfüllt werden können.
Das Streben nach Verbilligung der Verkehrsleistungen kommt nicht
nur innerhalb jeder einzelnen Verkehrsgruppe zum Ausdrucke, es greift
vielmehr über die Grenzen der einzelnen Gruppen hinaus. Wenn der
Eisenbahnverkehr in bezug auf Billigkeit an der Grenze seiner Leistungs-
fähigkeit angelangt ist, dann wendet sich naturgemäß der Blick der
Bevölkerung wieder mehr den natürlichen und künstlichen Wasserwegen
zu, die im allgemeinen ein viel weiteres Herabgehen der Beförderungs-
preise gestatten. Für die Verkehrspolitik des Staates ergibt sich daraus
die Frage, ob das Bedürfnis nach weiterer Verbilligung so sehr den
allgemeinen Verhältnissen der Volkswirtschaft entspricht, dab5 ihm durch
Ausbau der Wasserstraßen Rechnung zu tragen ist.
Eine weitere Forderung richtet sich darauf, daß die Frachtpreise
und ihre Zusammenstellungen (die Tarife) einfach, klar und übersichtlich
sind, so daß sich auch die große Masse der Beteiligten jederzeit rasch
und sicher über die bei der beanspruchten Verkehrsleistung entstehenden
Kosten unterrichten kann. Dadurch wird die geschäftliche Vorausbe-
rechnung wesentlich erleichtert. Irrtümer über die Höhe der Preise der
Verkehrsleistungen sind gerade in unserer Zeit leicht von weitreichendem
Einflusse, weil wir diese Leistungen in viel umfassenderem Mahe in
Anspruch nehmen und nehmen müssen, als es sonst der Fall war. Je
weniger Schwierigkeiten der Berechnung des Frachtsatzes seitens der
Versender entgegentreten, desto geringer ist die Gefahr, dab die Geschäfts-
van Do Bondur. Verkehrswesen. 2. Aufl.