5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 119
kleinen Fahrt, es sei denn dab die Verkehrsunternehmer sich zu einfluß-
reichen Verbänden zusammenschließen. Im letzteren Falle kann aber leicht
die Höhe der Preise den Vorteil der erlangten Stetigkeit hinfällig machen.
Im ganzen zeigt sich also, daß gerade der öffentliche Betrieb des
Verkehrswesens den besprochenen allgemeinen Anforderungen an die
Preisgestaltung am ebesten entsprechen kann, und daß im Land- und
Wasserstrabenverkehr die Zulässigkeit und Durchführung des freien
Wettbewerbs Abweichungen zur Folge bat.
8 3. Die masigebenden Umstünde bei der FPreisbemessen9. Von
erheblicher Bedeutung ist die Frage, welche Umstände bei der Bemessung
der Frachtsätze vorzugsweise zu berücksichtigen sind, um eine zweck-
mäbige Gestaltung der Verkehrspreise zu erreichen. Die Frage nach
der zweckmähbßigen Gestaltung der Verkehrspreise kann von verschiedenen
Gesichtspunkten aus angefaßt werden. Vom rein erwerbswirtschaftlichen
Standpunkt aus wird es sich für die Beteiligten dabei nur darum handeln,
welche Preisgestaltung dem Erwerbsstreben am günstigsten ist. Je mehr
die Gesamtbedürfnisse im Verkehrswesen zur Anerkennung gelangen,
desto mehr wird sich die Frage darauf zuspitzen, welche Preisgestaltung
den Gesamtbedürfnissen am förderlichsten ist. Der Volkswirt muß in
jedem Falle die Wirkung und Bedeutung der Preisgestaltung auf die
Gesamtbedürfnisse ins Auge fassen. Von welchem Gesichtspunkt aus
man aber auch an die Frage herantreten mag, in jedem Falle bleibt zu
prüfen, an welchen Umstand im einzelnen man sich bei der Preisgestaltnug
halten soll, welche Rücksicht auf die Selbstkosten, die Entfernung, die
Schnelligkeit, den Wert der Beförderungsgegenstände usw. zu nehmen ist.
Nicht selten wird die Ansicht vertreten, daß die Selbstkosten der
Verkebrsleistungen die beste Grundlage für die Preisberechnung seien.
Es ist indes leicht einzusehen, daß damit allein keine ausreichende Richt-
schnur gegeben sein kann. Im geschäftlichen Leben werden überhaupt
nur ausnahmsweise lediglich die Selbstkosten der Preisforderung zugrunde
gelegt. Vielmehr wirken alle möglichen Gesichtspunkte bei der Bemessung
der Preisforderung mit, die mit den Selbstkosten nichts zu tun haben.
Nur da, wo der Druck des Wettbewerbes daran hindert, noch andere
Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen, wird die Preisforderung sich
den Selbstkosten sehr nähern, bisweilen und ausnahmsweise auch da-
runter bleiben. Gleichwohl sind die Selbstkosten sehr wichtig; denn sie
ziehen die Grenze, unter die dauernd die Preisforderung nicht herunter-
gehen kann. Diese Bedeutung haben — allgemein und lehrmäßig ge-
sprochen — die Selbstkosten auch im Verkehrswesen, und für eine
öffentliche Verkebrsverwaltung, die durch die Umstände genötigt ist, in
erster Linie die Gesamtbedürfnisse zu berücksichtigen und unter Verzicht
auf Reinertrag die Leistungen 8o billig als möglich zu bieten, kann es
geboten sein, mit ihrer Preishöhe dauernd auf dieser Grenze zu beharren.