Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

120 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Damit ist aber die Frage nicht gelöst. Soweit hiernach die Selbst- 
kosten der Beförderung zu berücksichtigen sind, erhebt sich sofort die 
Frage: Welche Selbstkosten? Die der einzelnen Verkehrsleistung oder 
der Durchschnitt der Kosten der Verkehrsarbeit einzelner Arten der Ver- 
kehrsleistungen oder der gesamten Verkehrsarbeit der betreffenden Ver- 
kehrsanstalt? Nur bei rein lehrmähiger Betrachtung könnte man zu 
der Meinung kommen, daß die Selbstkosten der einzelnen Verkehrs- 
leistungen in Betracht zu ziehen seien und dabß dies der Gerechtigkeit 
entspreche. Aber in Wirklichkeit würde sich damit die Preisgestaltung 
ins unendliche 2zersplittern. Auf Eisenbahnen, Wasserstraben und Land- 
straßen z. B. mühte zu jedem Personen- oder Tonnenkilometer der 
wirkliche Betrag der Selbstkosten ermittelt und danach der Preis fest- 
gestellt werden. 
Die Durchführung des entsprechenden Verfahrens ist schon in jedem 
halbwegs umfangreichen kaufmännischen Betriebe ganz unmöglich aus 
dem einfachen Grunde, weil der Betrag der auf jede Verkaufseinheit 
entfallenden Selbstkosten von dem Umfange des Absatzes abhängig und 
deshalb nicht im voraus, sondern erst nachträglich genau zu ermitteln 
ist. Bei den Verkehrsleistungen ist die Abhängigkeit der Selbstkosten 
für die einzelne Leistung von der Gesamtmenge der Leistungen noch 
größer, wie eine kurze Betrachtung sogleich zeigen wird. 
Die Selbstkosten einer Verkehrsleistung setzen sich zusammen aus 
einem Anteile an den Kosten der Verzinsung und Tilgung des — heut- 
zutage in der Regel sehr bedeutenden — Anlagekapitals, so lange ein 
Ssolches noch verzinst und getilgt werden muß, und aus einem Anteil 
an den Kosten der Verwaltung und des Betriebs, sowie aus den Kosten 
der Arbeitsleistungen, welche unmittelbar zur Verwirklichung der einzelnen 
Verkehrsleistung erforderlich sind. 
Die Kosten für Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals haben 
ihrem Gesamtbetrage nach gewissermaben einen selbständigen Bestand. 
Sie erwachsen unter allen Umständen, mag die Verkehrsanstalt viel oder 
wenig oder gar nicht benutzt werden. Der Verkebrsumfang hat auf 
diesen Teil der Kosten nur dann Einfluß, wenn er eine Erhöhung des 
Anlagekapitals, bei Eisenbahnen z. B. die Anlage eines zweiten Geleises, 
eine Erweiterung der Bahnhöfe usw. nötig macht. Muß das Anlage- 
kapital vergröhert werden, so erhöht sich zwar der Betrag der Zinsen 
und Tilgungskosten im ganzen, bleibt aber in dieser Höhe so lange be- 
stehen, bis eine weitere Erhöhung des Anlagekapitals nötig wird usw. 
Die Verwaltungs- und Betriebskosten umfassen alle Ausgaben der 
laufenden Verwaltung, sowohl der allgemeinen Verwaltung, als auch 
der Verwaltung der Fahrbahn und der Betriebsmittel als solcher, wie 
auch des eigentlichen Betriebsdienstes. Mancherlei gehört hierher: Ge- 
hälter, Unterhaltung der Anlagen und Betriebsmittel, Steuern, Ausgaben
	        
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