5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrsweseu. 129
am Anfangs- und Endpunkte der Beförderungsstrecke unter Umständen
auch an einer dazwischen liegenden Verschiebe- oder Umladestelle.
Wie lang die zwischen diesen Punkten liegende Strecke ist, macht keinen
Unterschied; die Abfertigungskosten werden nicht höher bei langen und
nicht geringer bei kurzen Strecken, soweit es sich um Strecken handelit
die nicht durch Verschiebung der Wagen oder durch Umladung der
Güter usw. unterbrochen ist.
Anders ist es mit den Kosten, die durch die Fortbewegung auf der
Fahrbahbn selbst veranlaßt werden, wie Betriebsstoffverbrauch, Ver-
zZinsung und Abnutzung der Fahrzeuge und krafterzeugenden oder kraft-
auslösenden Wagen, Kraftverbrauch, Uberwachung und Instandbaltung
des Weges, Besoldung des bei der Fortbewegung selbst beteiligten
Personals usw. Dieser Teil der Kosten, den man Streckenkosten, auch
Zug- oder Traktionskosten nennt, wächst im allgemeinen mit der Länge
der Strecke. Die Bedeutung der Streckenkosten gegenüber den Ab-
fertigungskosten ist sehr verschieden. Sie sind im Verhältnis am
höchsten beim Strabenfuhrwerk aller Art und am geringsten beim heu-
tigen Nachrichtenverkehre, bei dem sie weit hinter den Abkertigungs-
kosten zurückbleiben.
Wenn man annimmt, daß die Streckenkosten für je 1 Kilometer
gleich hoch sind, mag die zurückgelegte Strecke lang oder kurz sein,
80 würde sich doch schon ergeben, daß die Gesamtbeförderungskosten
für die Längeneinheit mit zunehmender Entfernung geringer werden
Es seien z. B. die Abfertigungskosten für 1t 1 M., die Streckenkosten
für 1 tkm 2Pf.; alsdann verursachen 10 t bei einer Strecke von 100 km
10 M. Abfertigungskosten + 10 - 100 2 Pf. oder 20 M. Streckenkosten,
zusammen 30 M. oder für 1 tkm 3 Pf., bei einer Strecke von 1000 km
10 M. + 200 M., zusammen 210 M. oder 2,1 Pf. für 1 tkm.
In Wahrheit ist die Abminderung aber stärker, weil auch die eigent-
lichen Streckenkosten mit der Entfernung für die Längeneinheit in ge-
wissem Umfang abnehmen. Zwar steigen die Kosten der Beförderung
auf der Strecke mit wachsender Entfernung, aber sie steigen ihrem Ge-
samtbetrage nach nicht in demselben Verhältnisse. Es ist längst allgemein
anerkannt, daß ein Eisenbahnzug, der 200 km ohne Maschinenwechsel
und ohne Personalerneuerung fährt, nicht 20 Mal so viel Strecken-
kosten verursacht, als ein anderer, der nur 10 km zurücklegt. Gewisse
Teile der Streckenkosten und zwar wichtige Teile, sind bei längerer
Entfernung — auf die ganze Strecke gerechnet — im Verbältnis geringer,
weil sie sich nicht von Kilometer zu Kilometer um den gleichen Betrag
erhöben. Die Kosten des Zugpersonals, das nicht nach den einzelnen
durchfahrenen Kilometern bezahlt wird, sondern feste Vergütungen für be-
stimmte Zeiträume erhält, sind bei einem Zuge, der eine längere Strecke
mit demselben Personal durchfährt, nicht in demselben Verhältnisse höher,
vax pER BoRonT., Verkehrswesen. 2. Aull. 0