5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 135
Eine viel umfassendere Berücksichtigung findet die Leistungsfähig
keit im Güterverkehr, bei dem sie sich im Werte und Preise der Güter
kund gibt. Auch hier wurden und werden Güter gleichen Gewichbts
bei gleicher Entfernung mit verschiedenen Preisen belastet. Es sei nur
an die im Postverkehr sonst übliche besondere Behandlung der „preziösen
Sachen“, an die Wertklassen der Eisenbahnen, an die früher viel ver-
breitete, in England auf Kanälen allgemein übliche Wertunterscheidung
im Land- und Wasserstrabenverkehr erinnert. Die Berücksichtigung des
Wertes kommt auch heute noch, wenn auch in sehr verschiedenem
Maßbe, überall im Verkebrswesen vor. Dabei geht man mit voller Uber-
legung von der Berücksichtigung der Selbstkostenunterschiede ab.
Ob eine bestimmte Gewichtsmenge aus Getreide oder Eisenwaren
oder anderen Dingen besteht, hat auf die Selbstkosten der Bahn keinen
Emfluß, sofern es sich nicht um sperrige Güter oder um solche handelt.
die ungewöhnliche Vorkehbrungen der Bahnverwaltung erforden. Dak,
von solchen Ausnahmen abgesehen, höherwertige Waren eine vorsichtigere
Behandlung erfordern und dadurch die Selbstkosten steigern, läht sich
nicht allgemein behaupten und ist, falls es wirklich eintritt, nicht von
der Bedeutung, dabß Unterschiede in den Frachtsätzen für die Mengen-
und Längeneinheit berechtigt wären. Mit höheren Selbstkosten kann
man also im allgemeinen eine höhere Fracht für wertvolle Güter nicht
rechtfertigen. Der Rechtfertigungsgrund liegt vielmehr darin, daß bei
geringwertigen Gütern der Beförderungspreis viel eher den Punkt er-
erreicht, von dem an sie nicht mebhr beförderungsfähig sind, als bei
bochwertigen Gütern. Diese können in der Tat an sich einen höheren
Beförderungspreis ertragen, weil der Beförderungspreis einen viel ge-
ringeren Bruchteil des Wertes ausmacht. Geringwertige Güter werden
durch die Beförderungskosten im Verhältnis viel mehr verteuert, sind
also auch viel weniger versandfähig. Der gleiche Beförderungspreis mul
deshalb auf Güter verschiedenen Wertes ganz verschieden einwirken.
Dieser wichtige Unterschied in der Tragfähigkeit der Güter kann
nicht überschen werden, am allerwenigsten dann, wenn die Verwaltung
auf Erzielung von Reinerträgen bedacht sein muß. Dah sie dazu die
höherwertigen und deshalb tragfähigeren Güter mehr heranzieht, ist er-
klärlich. Wenn schon die höherwertigen Güter dem Unternehmen
genügende Beschäftigung und genügenden Ertrag geben, kann ein nicht
öffentliches Verkehrsunternehmen unter Umständen keinen Anlal haben,
die geringwertigen Güter durch Preisermäßigung zur Beförderung heran-
zuziechen. In den meisten Fällen wird aber auch die Erwerbsunter-
nehmung bestrebt sein müssen, solche geringwertigen Güter zur Be-
förderung heranzuholen und sie durch Preisermäßigung versandfähiger
zu machen, weil dadurch eine bessere Ausnutzung der Fahrzeuge und
damit auch eine Verminderung der Selbstkosten eintritt. Denn die Masse