Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 139 
doch sehr oft zu so geringen Preisunterschieden führen, daß sie im Klein- 
verkaufe nicht mehr zum Ausdruck gebracht werden können. 
Die Richtung auf Abflachung, auf Vereinheitlichung der Preise tritt 
im Verkehrswesen in noch viel höherem Mabe hervor, weil die Gründe, 
die dazu führen, viel stärker als im kaufmännischen Verkehr wirken. 
Diese Richtung ist freilich nicht zu allen Zeiten gleich wirksam ge- 
wesen, und niemals hat sie eine solche Kraft erlangt, als in unserer 
Zeit; aber erkennbar ist sie doch auch schon auf früheren Stufen der 
Entwickelung. Ganz gefehlt bat sie nur in den Zeiten, in denen der 
Verkehr nur dürftig ausgebildet war. 
Bei unentwickeltem Verkehr ist es möglich und nötig, für jede 
einzelne Verkehrsleistung den Preis besonders festzustellen. Nötig ist es, 
weil bei dem geringen Verkehr nicht das, was an der einen Stelle zu 
wenig gefordert wird, ausgeglichen werden kann durch höhere Erträg- 
nisse an anderen Stellen. Möglich ist es, weil man auf die Berechnung 
für jede einzelne Leistung mehr Zeit und Sorgfalt verwenden und auch 
für jede die Selbstkosten genauer ermitteln kann. In solchen Zeiten 
wird jede Verkehrsleistung für sich besonders behandelt. 
Anders wird es, wenn der Verkehr stärker wird. Die Besonderheit 
jeder einzelnen Verkehrsleistung kann sich immer weniger geltend 
machen, je mehr die Zahl der Verkehrsleistungen im ganzen steigt, je 
bäufiger und mit je kürzeren Zwischenräumen die einzelnen Leistungen 
einander ablösen. Bei allen Massenbewegungen, gleichviel auf welchem 
Gebiete sie stattfinden, treten die Besonderheiten zurück. Bei wachsen- 
der Lebhaftigkeit des Verkehrs wird es immer schwieriger, den auf die 
einzelnen Leistungen entfallenden Anteil der Selbstkosten genau zu er- 
mitteln. Zudem sinken mit der wachsenden Massenhaftigkeit des Ver- 
kehrs die Selbstkosten für die einzelne Leistung erheblich. Man verliert 
so immer mehr die Grundlagen für eine besondere Behandlung der 
einzelnen Verkehrsleistungen. Man ist aber auch auf solche genaue 
Abstufung nicht mehr angewiesen. Denn wenn auch wirklich bei einem 
Teile der Verkehrsleistungen der gefordete Preis nicht im Einklange 
stehen sollte mit den dadurch veranlaßten Kosten, so wird doch der 
Ausfall leicht durch andere Gruppen der Verkebrsleistungen ausgeglichen, 
bei denen ein verhältnismäßbig zu hoher Preis verlangt und bezahlt wird. 
Bei starkem Verkehr würde eine besondere Preisbemessung für jede 
einzelne Verkebrsleistung zu einer vollständigen Willkür und Regel- 
losigkeit führen, weil man einen festen Boden für die Verteilung aller 
Kosten auf die einzelnen Leistungen nicht mehr hat. 
Man ist sonach genötigt, auf die besondere Bebandlung zu ver- 
zichten. Man hält sich an den groben Durchschnitt, an die Mittelsätze, 
die an der Hand der Erfahrung gewonnen werden. Die einzelnen 
Verkehrsleistungen werden nicht mehr nach ihrer besonderen Bedeutung
	        
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