170 II. Abschuitt. Der StraBenrerkehr.
straBenverbesserung und -vermehrung allgemeiner durchgefübrt wurde,
beruht auf mancherlei Hemmmnissen. die in den Verhältnissen begründet
waren. Dahin gehört das Festhalten der Landesherren an der Aus-
nutzung der Straßen als Ertragsquelle, der kleinliche Neid der Städte
gegen einander, von denen keine der anderen den Vorteil guter Land-
straben gönnte, das Uherwiegen der Reisen zu Pferde, soweit man bei
dem geringen Reisebedürfnisse überhaupt reiste, die unzulängliche
Regelung der Wegeunterhaltungspflicht usf. In Deutschland machte
sich insbesondere auch die grobe Zersplitterung und der Hader der
einzelnen Fürsten miteinander und mit dem Kaiser, das Zurückgehen des
Gewerbfleißes in den oberdeutschen Städten im Zusammenhange mit
dem Verfalle der durch die Verschiebung der Seewege abgedrängten ober-
italienischen Häfen und die furchtbare Verheerung des Dreihigjährigen
Krieges als Hemmmnis geltend. Nach seinem Abschlusse freilich suchte
der „aufgeklärte Depotismus“ die Wunden des Krieges zu heilen und
Gewerbfleiß und Handel zu entwickeln. In der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts war aber im allgemeinen der Zustand der Wege in
Deutschland noch sehr ungünstig. Nur in Süddeutschland war mehr
geschehen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde es besser
in den Gebieten einsichtiger Fürsten, aber eine umfassende Besserung hat
das in sich zerrissene alte deutsche Reich nicht mehr zustande gebracht.
Am frühesten war Holland neben der Pflege der Wasserwege mit
der Vermehrung und Verbesserung der Landstraben vorgegangen.
Hier war eine zahlreiche, betriebsame und wohlhabende Bevölkerung
auf einem kleinen Gebiete zusammengedrängt, das wesentliche Höhen-
unterschiede nicht aufwies, alles gute Vorbedingungen für die Anlage
brauchbarer Strabßen und für ihre Zusammenfassung zu einem Land-
strabennetze.
Frankreich folgte diesem Beispiele am ehesten und mit bedeutendem
Erfolge. Schon Ludwig Xll., Franz I. und Heinrich IV. bemühten
sich um die Verbesserung des Wegewesens, der letztere Sogar unter Auf-
wendung beträchtlicher Mittel. Gleichwohl wurde zunächst nicht viel er-
reicht. Die noch zersplitterte Form der Verwaltung und innere Unruhen
erschwerten die Entwickelung. Die bemerkenswerteste Schöpfung dieser
Zeit ist die 1556 hergestellte Straße von Paris nach Orléans, die in der
Mitte mit Pflaster verschen wurde. Sie blieb lange ohne Nachfolge.
Erst CorhERr, der größte Vertreter des „Merkantilismus“, brachte unter
Ludwig XVI. das Landstrabenwesen wesentlich weiter. Zu einem voll-
kommenen Strabennetz über das ganze Land hin kam es freilich noch
nicht. Im 18. Jahrhundert wurde das Wegewesen in der Hand einer
Sonderbehörde zusammengefabßt (1716), und daraus hat sich später das
corps des ponts et chaussées entwickelt. Auch fuhren die Könige fort.
auf den Wegebau beträchtliche Mittel zu verwenden. Gleichzeitig wurden