2. Kapitel. Entwickeluugsgang. 171
aber auch die Wegfronden, d. h. die Verpflichtung der Landbewohner
zu unentgelllichen Arbeitsleistungen für den Wegebau während einer
bestimmten Zahl von Tagen des Jahres, in bedrückender Weise gesteigert.
Sie wurden erst 1787 durch eine Geldsteuer ersetzt.
Den kräftigsten Anstoh zur Vervollstündigung des französischen
Strabennetzes bat man aber doch erst in den Kriegen Napoleons zu er-
blicken, die eine Beförderung großer Truppenmassen nötig machten. In
den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts nahm denn auch das Straßennetz
in Frankreich sehr bedeutend zu. Von 1800—1812 wurden nicht
weniger als 300 Millionen Frs. auf den Landstrabenbau verwendet. Von
1814—1830 war der Aufwand nur 67,6 Mill. Frs., von 1831—1847
203,5 Mill. Frs., von 1818—1870 294,8 Mill. Frs. Frank reich hatte
1914: 27200 km Hauptstraben (routes nationales), dagegen
am 31. Dez. 1840 34200 Km
b„ 31., 1860 36 800
„ 31.#, 1880 37323 „
," 31. „ 1900 38065 „
„31. „1909 38199 „
Die Ausdehnung der sonstigen Straßen ist ebenfalls stark gewachsen,
und am 1. Januar 1909 waren vorhanden 175175 km Nebenstraben
(chemins vicinaux) „für großen Verkehr“, 76116 km Nebenstrabßen von
allgemeinem Interesse und 382 911 km gewönliche Nebenstraßen, während
die entsprechenden Zahlen für Ende 1871 in derselben Reihenfolge waren
90014 km, 63 055 km und 188 039 km. Der Aufwand für Unterhaltung,
Ausbesserung und neue Arbeiten war 1908 bei den Hauptstraben
31.61 Mill. Frs., bei den Nebenstraßen 212,10 Mill. Frs.
In England blieb trotz der wichtigen Vorschriften, die von
Heinrich VIII., Elisabeth und Jacob über das Wegewesen erlassen wurden,
der Zustand der Wege noch lange sehr mangelhaft. Die mit der Wege-
unterhaltung belasteten Kirchspiele waren der Aufgabe nicht gewachsen,
und das Parlament stand zu sehr unter dem Einflusse der Grundbesuzer,
als daß es bessernd hätte eingreifen können. Unter ChowELL wurde
mit der Verbesserung einiger besonders wichtiger Wege begonnen. All-
mählich fing — nach der Rückkehr der Stuarts (1660) — das Parlament
an, sich des Straßenwesens anzunehmen. 1663 erging ein Gesetz, das
die Erhebung von Wegegeldern für die Straßenverbesserung durch nicht-
öffentliche Unternehmer zum erstenmale anwandte. Dieses Mittel wurde
im 18. Jahrhundert eifrig benutzt. Nach 1760 wurden in wenigen
Jabren 152 solcher Turnpike-Acts 1) erlassen, und von da an entwickelte
sich das englische Strabennetz bis zum Einsetzen der Eisenbahnen ver-
hältnismäßig schnell. Auch die Beschaffenheit der Straben hob sich,
doch blieb bis ins 19.Jahrhundert hinein noch manches zu wünschen übrig.
1 Turupike Drehkreuz. Man nannte die Straen dieser Art Turnpike-rond