Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Strabenwesen. 191 
Rechnung tragen. Im allgemeinen wird sie in größeren Orten gut tun, 
die Strabenbauarbeiten für die Ortsstraben in Eigenbetrieb zu nehmen, 
da sie durch die Zusammenfassung aller zugehörigen Beschaffungen und 
Arbeitskräfte die Aufgabe billiger und mehr den allgemeinen Bedeürf- 
nissen angepabt lösen kann. Das ist denn auch in den groben Orten 
die Regel. Die Bedeutung der Ortsstraben für den Verkehr innerhalb 
der Gemeinde, für die Luft- und Lichtbeschaffung usw. berührt zwar 
zunächst und in erster Linie die Gemeinde, aber damit verbinden sich 
auch grohe allgemeine Bedürfnisse. Dem Staate kann es nicht gleich- 
gültig sein, welche Verkehrs-, Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse 
in den End-, Aus- und Durchgangspunkten seines Land-, Wasser- und 
Schienenstraßennetzes bestehen. Deshalb hat die Selbständigkeit der 
Gemeindeverwaltung in diesen Dingen gewisse Schranken erhalten müssen. 
Das äubert sich darin, dab auch die öffentlichen Ortsstraben den all- 
gemeinen wegegesetzlichen Regeln und der wegepolizeilichen Beein- 
flussung unterworfen sind. Besondere Regelungen für Ortsstraßen sind 
durch die Staatsgesetzgebung nur in bestimmten Grenzen gegeben, ent- 
ziehen aber nicht das Ortsstraßenwesen den allgemeinen Grundsätzen für 
das Wegewesen. 
Eine solche besondere Regelung liegt z. B. in Preußen in dem Ge- 
setze vom 2. Juli 1875 wegen Anlegung und Veründerung von Straben 
und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vor. Der Gemeinde- 
vorstand hat hiernach die Straßen- und Baufluchtlinien im Einverständ- 
nisse mit der Gemeinde oder Gemeindevertretung dem öffentlichen Be- 
dürfnis entsprechend festzusetzen, bedarf aber dabei der Zustimmung 
der Ortspolizeibehörde und hat auf Förderung des Verkehrs, der Feuer- 
sicherheit und der öffentlichen Gesundheit Bedacht zu nebmen, auch 
darauf zu halten, daß eine Verunstaltung der Straben und Plätze nicht 
eintritt. Deshalb ist für Herstellung genügender Breite der Straben und 
einer guten Verbindung der neuen Bauanlagen mit den bereits bestehen- 
den Sorge zu tragen. Wie im übrigen bei der Festsetzung der Straben-- 
und Baufluchtlinien vorzugehen ist, die übrigens in der Regel zusammen- 
fallen, richtet sich nach den hier nicht zu besprechenden Einzelvor- 
schriften des Gesetzes und den dazu ergangenen „Vorschriften für die 
Aufstellung von Fluchtlinien und Bebauungsplänen“ vom 28. Mai 1876, 
die ein möglichst gleichförmiges Verfahren sichern wollen. Diese Rege- 
lung kennzeichnet deutlich die grundsätzliche Auffassung, die nach dem 
eingangs gesagten bezüglich der Selbständigkeit der Gemeindeverwaltung 
beim Straßenwesen geboten ist. 
Die Strabenbau- und unterhaltungskosten der Gemeinden sind nach 
dem weiter oben mitgeteilten Zahlen umfangreich, können aber in be- 
stimmten Grenzen auf die Strabenanlieger abgeschoben werden. Nach 
§5 15 des erwähnten Gesetzes vom 2. Juli 1875 kann durch Ortssatzung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.