3. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Straenwesen. 193
solcher Betriebe wird man nicht wohl zweifeln dürfen. Die Stadt Wien
hat seit 25. Juli 1908 eine Stellwagenlinie in Eigenbetrieb, die vorher
von einer Gesellschaft betrieben wurde. Dabei sind bisher weder von
der Stadt noch von der Gesellschaft Uberschüsse eizielt worden.
Im übrigen gilt das, was über die Stellung der öffentlichen Gewalt
gegenüber dem Landstraßenwesen zu sagen ist, in sinngemäbßer An-
passung auch für die Ortsstraßen. —
Die Landstraben sind die Grundlage der allgemeinen Wegsamkeit
des Landes. Die Sorge für die allgemeine Wegsamkeit des Landes
liegt dem Staate ob, und die unleugbare Bedeutung der Landstraben für
Heeres- und allgemeine Verwaltungsbedürfnisse kann diese Aufgabe des
Staates nur noch dringlicher erscheinen lassen. So sehr und soviel auch
die Einzelaufgaben auf dem Gebiete des Landstraßenwesens den nach-
geordneten Stufen der öffentlichen Gewalt zugewiesen sein mögen, der
oberste Hort des Landstraßenwesens bleibt doch stets die Staatsgewalt.
Ihre erste Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dal ein genügend ver-
zweigtes und nach den verschiedenen Bedürfnissen abgestuftes Land-
straßennetz vorhanden ist. Alle Landesteile müssen mit ausreichenden
Straßen verschen werden, und dabei sind die Verkehrsbedürfnisse sowohbl
des örtlich beschränkten, als auch des durchgehenden Verkehrs zu be-
rücksichtigen. Ein planloses Entstehenlassen der Landstraben würde
deshalb dem Gesamtwohle nicht entsprechen. Ein gründlich durch-
dachtes und den wachsenden Anforderungen des Verkehrsbedürfnisses
Sich anschliebendes planmähbßiges Vorgehen ist auch hier unentbehrlich.
Bei der Anlage des Netzes wird man zwar solche Umwege ver-
meiden müssen, die zu einer unwirtschaftlichen Erhöhung des Frachten-
aufwandes führen, aber man wird sich auch andererseits hüten müssen,
die größeren Verkehrspunkte nur durch gerade Linien zu verbinden.
Schon die Rücksicht auf die Beschaffenheit des Geländes zwingt dazu,
von der geraden Richtung abzuweichen. Andernfalls würde ohne grobe
Kunstbauten, die das Strabennetz sehr verteuern, die Fahrbarkeit des Weges
in schwierigem Gelände nicht zu erreichen sein. Weiter aber darf man
nicht lediglich das Bedürfnis der Hauptorte zur Richtschnur nehmen.
Auch die kleineren Verkebrssammelpunkte verdienen Berücksichtigung.
Können sie ohne zu grobe Umwege in die Strabenlinie einbezogen werden,
so ist es zweckmäbig, sie nicht zu umgehen, da die Anlage von Seiten-
straßen nach solchen Orten meist noch kostspieliger ist, als eine gewisse
Krümmung der Strabenführung. Soweit aber diese kleineren Punkte
von den durchgehenden Strabenzügen nur durch sehr grobe und kost-
spielige Umwege zu erreichen sind, ist es richtiger, sie durch seitliche
Abzweigungen des Hauptzugs mit diesem in Verbindung zu bringen.
In gleicher Weise sind die seitlich von Wasserstraßen und Schienen-
wegen gelegenen Punkte mit diesen Verkehrswegen zu verbinden.
VAN pDEE Bonenr, Verkohrswesen. 2. Aulfl. 13