1. Kapitel. Begriff, Arten und Hilfsmittel. 227
wicbtige Gruppe herausgehoben diejenigen, welche einen ganzen Erdteil
überqueren; man nennt sie auch wohl „Erdballinien“. Auch dabei
handelt es sich nicht um einen grundsätzlichen Unterschied.
Die Hauptbahnen sind auf großen und schnellen Verkehr ein-
gerichtet und bedürfen desbalb eines besonders widerstandsfähigen
Unter- und Oberbaues, starker Lokomotiven, einer Spurweite, die mit
derjenigen aller übrigen Hauptschienenwege des Landes und, wenn mög-
lich, auch der benachbarten Länder übereinstimmt, mehrerer Schienen-
stränge usw. Sie erscheinen als die wichtigsten Verkehrsadern, die so-
wohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in bezug auf die Landes-
verteidigung von größtem Einflusse sind. Die blendenden Wirkungen,
durch welche die Eisenbahnen eine Zeit lang den Sinn für andere
Verkehrswege erkalten lieben, sind gerade bei diesen naturgemäß
zuerst ausgebauten — Fernbahnen zutage getreten.
Weniger blendend, aber doch von hober wirtschaftlicher Bedeutung
sind die Nebenbahnen oder Ergänzungsbahnen (Sekundärbahnen, Bahnen
zweiter Ordnung). Sie bringen die einzelnen Landesteile mit dem Haupt-
bahnnetz oder auch mit den wichtigen Wasserstraßen in Verbindung.
Ihre Hauptaufgabe ist also die seitliche Ergänzung der großen, durch--
gehenden Schienenwege. Da sie nicht in erster Linie für den Groß- und
Schnellverkehr bestimmt sind, so ist ihre ganze Ausrüstung in der Regel
einfacher gebalten, als die der Hauptbahnen. In manchen Fällen ist
sogar davon Abstand genommen, einen unmittelbaren Ubergang der Fahr-
zenge auf die Hauptverkehrsadern zu ermöglichen durch Einhaltung der
regelmähigen Spurweite; denn ein Teil der Nebenbahnen ist mit schmaler
Spur gebaut. Wenn sich für diese Nebenbahnen in den amtlichen Sprach-
gebrauch die Bezeichnung „Bahnen von untergeordneter Bedeutung“ ein-
gebürgert hatte, so sollte damit kein Urteil über ihren wirtschaftlichen Wert,
gefällt, sondern nur ausgesprochen werden, daß der durchgehende und
insbesondere der internationale Verkehr auf ihnen nicht bewegt werden
soll. Innerhalb dieser Gruppe bestehen mancherlei Gradunterschiede,
die sich aber nicht zum Ausgangspunkte wissenschaftlicher Unter-
scheidungen eignen.
Eine dritte Gruppe von Bahnen dient vorwiegend der Vermittelung
des Verkehrs zwischen den Städten und ihrer näheren Umgegend, also
dem Nahverkehr. Sie werden desbalb auch Nah-, Nachbarschafts- oder
Vizinalbahnen, auch wohl Tertiärbahnen, Bahnen unterster Ordnung
genannt. Das preubische Gesetz vom 28. Juli 1892 hat dafür den recht
brauchbaren Namen „Kleinbahnen“ eingeführt; denn der Klein- und
Nahverkehr im engeren Bezirk ist es, dem diese Bahnen zu dienen
haben. Diese Kleinbahnen sind meist von einfacher Beschaffenheit und
Ausrüstung, da bei ihnen weniger ein besonders schneller, als ein be-
sonders billiger Beförderungsweg angestrebt wird. In der Regel sind sie
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