Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

1. Kapitel. Begriff, Gliederung, Werkzeuge u. volkswirtschaftl. Leistung d. Verkehrs. 11 
Verkehrs, wo politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Verbältnisse 
die bestehenden räumlichen Hindernisse für die Beziehungen der Menschen 
schon stark haben ins Bewubtsein der Massen treten lassen, da steigt 
mit der Vervollkommnung nicht nur der Umfang, sondern auch das 
Bedürfnis des Verkebrs, und immer höhere Anforderungen werden vom 
Volke gestellt. 
In den heutigen führenden Staaten war und ist der Boden in dieser 
Hinsicht gut vorbereitet. Die gärende Bewegung des 18. Jahrhunderts 
zeigt, wie in immer weiteren Kreisen die Unbaltbarkeit der alten poli- 
tischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gebundenheit der einzelnen 
erkannt wurde. Die Einzwingung der Dampfkrakt in den gewerblichen 
Betrieb konnte nur dazu führen, die Gegnerschaft gegen die überlebten 
Verhältnisse zu verstärken, und wie die Gesetze und Verwaltungsformen 
dem Zeitbedürfnisse nicht mehr entsprachen, so genügten auch die alten 
Formen des Verkehrs nicht mehr. In wenigen Jahrzehnten vollzog sich 
die Umgestaltung, die dem Zeitbedürfnis entsprach, und die eine geschicht- 
liche Notwendigkeit war, nämlich die Ubertragung der Dampfkraft auf 
den Wasser- und Landverkehr. Nachdem dieser große Schritt gelungen, 
bat sich dann das Verkehrsbedürfnis auf allen Gebieten gesteigert und 
steigert sich noch fortwährend. Auch die Elektrizität ist in den Dienst 
des Verkehrswesens in wichtigen und sich stetig erweiternden Beziehungen 
eingespannt worden, und an erfolgreichen Bemühungen, mit Hilfe mecha- 
nischer Triebkräfte anderer Art die Land- und Wasserwege wirksamer 
zu verwerten und auch das Luftmeer dem menschlichen Verkebre zu- 
gängig zu machen, fehlt es durchaus nicht. 
Wo das Verkehrsbedürfnis so lebhaft ist, wie in der heutigen Welt, 
da ist es berechtigt, eine verkehrschaffende Wirkung von weiterer Ver- 
besserung der Verkehremittel überall da vorauszusetzen, wo nicht besondere 
Verhältnisse das Verkehrsbedürfnis niedrig halten; da ist im allgemeinen 
auch die weitere Steigerung der „Intensität“ des Verkehrs wirtschaftlich 
das Richtige. Angstliche, am Hergebrachten hängende Gemüter sehen 
freilich oft mit Sorge auf die Tatsache, daß die Verkebrsbedürfnisse in 
allen Schichten des Volkes fortdauernd und sehr stark anschwellen, und 
suchen zurückzuhalten und zu hemmen, weil sie die dabei unausbleiblichen 
ungünstigen Verschiebungen vermieden sehen wollen. Ihr Beginnen ist 
töricht und vergeblich. Das Verkehrsbedürfnis des Volkes ist stärker als 
alle kleinliche Vorsicht und reißt alle solche Hindernisse nieder, wenn 
die richtige Zeit gekommen ist. 
5J 6. Die Leistungs/ahigkeit der einzelmen Ferkehrsprieppen. Ehe 
die Betrachtung weiter geführt werden kann, ist es nötig, sich über das 
Verbältnis klar zu werden, in welchem die Leistungsfäbigkeit der einzelnen 
Verkehrsgruppen zu einander steht. Dabei wird bezüglich des Nachrichten- 
verkehrs der elektrische Nachrichtenverkehr dem Briefpostverkchr als
	        
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