240 III. Abschnitt. Der Eisenbahnverkehr.
Die Versuche, die Dampfkraft zur Fortbewegung auf einer kesten
Fahrbahn zu benutzen, die seit Ende des 17. Jahrhunderts gemacht wurden,
bezweckten lange Zeit lediglich ein Strabßenfahrzeug (vergl. Abschn. II,
Kap. 2, S 2). Die Versuche, auf Schienen einen Dampfwagen zu benutzen,
beginnen erst im 19. Jahrhundert. Den ersten Versuch dieser Art machte
1803 Rrelahn TnEvIrHIR aus Cornwallis. Sein Versuch scheiterte.
Auch die Versuche von BLENKINSOP und der Brüder CHAPNANN (1812)
blieben erfolglos.
Von Erfolg waren erst die Bemühungen von GEORGE STEPHENSOTN
(1781—1848). Er brachte 1814 einen Dampfwagen zustande, der sich
auf der Kohleneisenbahn zu Killingworth bewährte. Bemerkenswert ist.
daßb SrEHENSOHN zuerst davon abging, die Reibung künstlich zu
verstärken. Man hatte vor ihm nicht gewagt, einen Dampfwagen mit
glatten Rädern auf glatten Schienen laufen zu lassen, weil man die
Reibung für zu gering hielt. Auf der unter SrErHENSONS Leitung er-
bauten Bahn Stockton-Darlington wurden zuerst die von ihm inzwischen
verbesserten Dampfwagen, deren erster den Namen „Locomolion“ er-
hielt, zunächst für den Kohlentransport benutzt.
Die groben Erfolge SrErHENSONS knüpfen aber erst an die
Eisenbahn Liverpool-Manchester an, für die auf sein Drängen der
Betrieb mit Lokomotiven in Aussicht genommen wurde. Ihm war es
gelungen, die Auffassung zu bekämpfen, als sei es besser, die Dampf-
kraft von stehenden Dampfmaschinen aus zu benutzen anstatt in Form
von Wagen mit eigner Dampfkrafterzeugung, eine Ansicht, die damals
und auch später in Fachkreisen Anhänger hatte. Infolge eines Preis-
ausschreibens dieser Gesellschaft fand am 6. Oktober 1829 zu Rainbill
bei Liverpool ein Wettbewerb zwischen vier verschiedenen Maschinen
statt. Aus dem neuntägigen Kampfe ging SrrHENONS „Rocket“ sieg-
reich hervor. Die Maschine zog ihr fünffaches Gewicht mit einer Ge-
schwindigkeit von 20 englischen Meilen in der Stunde, während die
Preisausschreibung nur die Beförderung des dreifachen Gewichts mit
0 englischen Meilen in der Stunde verlangte. Der Erfolg STEPHEX-
#8ONS berubt vornehmlich auf der Anwendung des vielröhrigen Kessels,
der in Verbindung mit dem auf die Feuerung wirkenden Gebläse den
Dampfgehalt stark erhöhte. Die Erfindung des Röhrenkessels schreibt man
vereinzelt dem Direktor der St. Etienne-Bahn SkoulN, meist aber HENRI
Boorl zu, der bei der Newcastler Lokomotivfabrikgesellschaft tätig war.
Von dem Siege des „Rocket“ an beginnt die Entwickelung des
neuzeitlichen Eisenbahnverkehrs. Freilich machten sich gegen die An-
wendung von Dampflokomotiven mancherlei Bestrebungen bemerkbar.
Man stellte selbst Mitte der 40er Jahre noch den Pferdebetrieb als
bDilliger und sicherer hin, und wenn man ihn auch nicht als schneller
bezeichnen konnte, 8So leugnete man doch das Bedürfnis eines sehr